„Ich hab’ sechs Stangen Dynamit, wenn das nicht reicht, nennen wir ihn ab sofort den Unsterblichen!“
So hat sich Cop Hodges seinen 50sten Geburtstag (plus 10 äußerliche Jahre durch den Taffheits-Grads seines Berufs) nicht vorgestellt: ein Killerkrokodil mutantischen Ausmaßes knabbert sich durch die Bevölkerung einer floridanischen Großstadt. Normalerweise ist dafür die Tierrettung zuständig, dank raffinierter Storytwists darf er nun aber der Mörder-Echse hinterjagen…
Ein fieser Immobilienkonzern hat die Schnauze voll: brauchbares Bauland wird vom sozialen Abschaum bewohnt. Die Mieten sind niedrig, zahlungskräftige Neumieter nicht einquartierbar. Also muss der gesamte Bezirk ummodelliert werden. Aber wohin mit den jetzigen Bewohnern? Schmeißt man sie raus, schreit die Presse auf. Schlechte Publicity konnte sich bereits 1991 kein Konzern leisten. Also kippt man einfach Giftmüll in die städtischen Abwasseranlagen. Häh? Ach, ne. Halt, das hat beides ja gar nichts miteinander zu tun – da sind die Subplots des Films durcheinander geraten – ach, egal. Giftmüll kommt trotzdem in den Abfluß…
Nun muss das passieren, was in jedem guten B-Movie passiert: entgegen jeglicher Logik sorgt der Giftmüll für abnormale Mutationen. Ein Krokodil schnüffelt an dem Leim und wächst in alle Richtungen – mit dem Ziel jeden Menschen zu fressen, oder zumindest die, die vor seiner Schnute rumschwimmen. Bedroht sind davon in erster Linie die Bewohner besagten Stadtviertels (ah, okay – so sind die Plots miteinander verknüpft…), bevor der Gator hier aber zubeißt, musst der Suspense langsam aufgebaut werden. Erstmal das Abwasser durchforsten. So trifft es erst einmal Persönlichkeiten am Rande der Gesellschaft, in der Regel Gestalten, die trotz tropischer Temperaturen bewaffnet mit abgewetzten Sakko, schlabberigen Zwölver-Hut und einer eingetüteten Flasche Scotch am Lagerfeuer rumhocken. Nennen wir diesen Standard-Charakter aus dem Buch des Films einfach Ottfried Obdachlos. Und Ottfried muss leiden.
Obdachloser: „Es war ein riesiges Krokodil! Ich schwör’ es bei meinem Leben! Ich weiß, was ich sage! So furchtbar groß – unglaublich! Es war größer als groß!“
David Hodges: „Und wieviel größer als groß?“
Obdachloser: „Es hat Otis als Zahnstocher benutzt! Und er war mein Freund, David. Er hat es nicht verdient als Zahnstocher zu enden!“
Was übrig bleibt von ihm ist ein Schockzustand eingewickelt in alten Lumpen. Grund genug für die Polizei an einem wahnsinnigen Mörder zu glauben. Also wird Inspektor Hodges losgeschickt, um den mysteriösen Mordfällen auf den Grund zu gehen. Zusammen mit seinem Sidekick *insert random name* seilt er sich in die Tiefen der dunklen Kanalisation ab – die, die Ausmaße einer Fußballarena zu haben scheinen. Aber auch die finsteren Seidenanzugträger wollen handeln – denn die mysteriösen Morde sorgen nicht nur für die drohende Schließung eines anliegenden Freizeitparks, sondern auch auch für den Verfall der Immobilienpreise! Man gut, dass Richard Lynch Zeit hat. Normalerweise macht er muskelbepackten Barbaren das Leben schwer, nun trommelt er eine Horde Rednecks um sich, um die Mörderbestie zu vernichten. Mit dabei: Kane Hodder. Immerhin.
Die ganze Sache endet für beide Parteien in einem Epic Fail. Richards Truppe wurde halbiert und Hodges Idee das Viech mit Dynamit zu zerkleinern ist ebenfalls gescheitert. Als ob das noch nicht schlimm genug ist, schwimmt der Alligator nun auch noch Richtung Freizeitpark und zermatert Bodybuilder mit seinem Schwanze (o_O). Jetzt müssen härtere Geschütze ran…
Elf Jahre nach „Der Horror-Alligator“ presst Golden Hawk Entertainment (haben außer einem Joe D’Amato-Streifen nichts weiteres produziert) diesen Nachzügler heraus, der mit dem eigentlichen Original nicht sehr viel zu tun (Sequel by name and species only…). Zwar donnert auch hier ein überproportional großer Alligator über den Bildschirm, allerdings müsste er mit dem vermeintlichen Vorgänger nichts zu tun haben. Bereits nach drei Minuten etabliert man eine neue Genesis-Story – zwei pummelige Muskelprotze mit kurzen Shorts und schwarzen Gummihandschuhen kippen mit einem Güllewagen Giftmüll ins Abwasser. Giftmüll + Kanalisation = Mutation. Macht Sinn. In der Welt des B-Films zumindest. Und damit keine weiteren Klischees ausbleiben, muss auch alles so kommen, wie man es erwarten kann.
Als Heros dieses Epos’ schwingt sich ein abgehalfteter Cop hervor – mitsamt Eheproblemen. Diese werden allerdings in den ersten zehn Minuten bereits abgehandelt, denn so konnte man einen populären Namen wie Dee Wallace Stone (hat in den 80ern hohen Tieren des Phantastik-Genres als Schauspielerin gedient) für einen Tag ans Set karren und mit auf das Cover knallen. Die Gegenspieler sind schleimige Immobilien-Haie und korrupte Industrie-Magnaten. Gegeltes Haar und Seidenanzug inklusive. Doch der eigentliche Bösewicht – der drei Tonnen schwere Alligator – taucht nur (gefühlte) vier Minuten im Film auf – und diese befinden sich wohlgemerkt am Ende des Streifens. Nachdem uns seine Silhouette (plus eine gelegentliche Nahaufnahme seines Mauls) über den Film präsentiert wird, kann er sich zum Finale nicht nur komplett präsentieren, sondern auch richtig ausrasten. Wobei sich dieses in der Regel darauf beschränkt, dass er seinen voluminösen Gummi-Schwanz über den Boden wirbelt. Warum auch nicht. Dafür sind Alligatoren ja auch bekannt…
Fatality:
Ein Streifen, der so zahm ist, dass er sich in den Händen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befindet und regelmäßig im Mitternachtsprogramm zur Überbrückung des Lokal-Journals und den schönsten Eisenbahnstrecken dent. Kann sowas gut sein? Hmh, sagen wir es so: es gibt heißeren Mist und auch weitaus schlechteren. Der hier siedelt sich im Mittelfeld an – irgendwo zwischen Tohuwabohu und Prost.
‐ Markus Haage
Werbung |