Mit „Ant-Man and the Wasp“ erstrahlt nun der mittlerweile zwanzigste Film aus dem Marvel Cinematic Universe die Kino-Leinwände. Auch wenn das weltweite Einspielergebnis es nicht widerspiegelt, mit der direkten Fortsetzung vom kleinsten Marvel-Helden „Ant-Man“ (2015) liefert Marvel Studios vielleicht einen ihrer besten und kreativsten Filme ab…
Eigentlich wollte Scott Lang ein ehrbares Leben führen, doch aufgrund seiner Teilnahme an Captain Americas Revolte gegen die Sokovia Records, steht er nun für ganze zwei Jahre unter Hausarrest. Auch Hank Pym und dessen Tochter sind nicht minder wütend. Hat er doch den Ant-Man-Anzug einfach bei seinem Abenteuer mitgenommen. Doch all diese Probleme müssen schnellstmöglich zur Seite geschoben werden, denn ein neuer Feind aus Pyms Vergangenheit taucht plötzlich auf, dessen Überleben von Hanks Arbeit abhängt…
Als Außenstehender müsste man wohl meinen, dass nach nunmehr zwanzig Filmen und elf TV-Serien innerhalb von zehn Jahren die Luft aus dem sogenannten Marvel Cinematic Universe (fortan MCU) raus wäre, doch mit „Ant-Man and the Wasp“ beweist Marvel Studios abermals, wie facettenreich und unterschiedlich ihr großes Film-Universum sein kann. Mit „Ant-Man“ lieferte man 2015 einen moderaten Hit ab, der vielleicht nicht zu den großen, dafür aber charmantesten Highlights der Filmreihe zählt, auch wenn man sich bei der Etablierung von Ant-Mans Welt noch gewissen Tropes hingab. Der Bösewicht Yellow-Jacket war abermals nach dem bekannten Schema F konstruiert. Dies verzeih man dem Film allerdings, vielleicht auch weil es eine generelle Schwäche des MCUs darstellt, an die man sich seither schlichtweg schon gewöhnt hatte. Mit dem Sequel schafft man die Schwächen des ersten Teils auszumerzen und die Stärken zu potenzieren. Dies gilt eben auch für die Antagonistin Ghost, die sich aufgrund ihrer gelungenen Darstellung und dramatischen Hintergrundgeschichte sicherlich schnell zu einem Fan-Liebling entwickeln wird. Ihr Background ist tief verwoben mit Hank Pyms Vergangenheit, die im ersten Teil nur angeteast, nun aber plotbestimmend ausgebaut wird.
Es ist faszinierend mitanzusehen, wie elegant Marvel Studios es schafft, eine parallele (bereits vergangene) Welt zu erschaffen, die sich nahtlos in das etablierte Universum einfügt. Zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, dass hier nachträglich das MCU verändert oder erweitert wird. Es ist so, als wäre Hank Pyms Historie schon immer ein Teil davon gewesen. Dies gilt auch für die aktuellen Ereignisse. „Ant-Man and the Wasp“ steht dem Mega-Event „The Avengers: Infinity War“ (2018) nicht im Wege, sondern respektiert dessen Ereignisse auf dramatische Weise und erklärt auch, warum Ant-Man nicht beim Kampf gegen Thanos aushelfen konnte. Viel spannender ist aber der Verweis auf die Geschehnisse in „Captain America: Civil War“ (2016), die sogar als Aufhänger der Geschichte dient. Diese Referenzen und Verknüpfungen funktionieren so überraschend gut, dass man Lust verspürt mit Ant-Man eine neue, eigenständige Galaxie innerhalb des Marvel Universums zu eröffnen. Während die Avengers Kontinente überwinden, die Guardians Galaxien durchqueren und Doctor Strange Dimensionen überwindet, begeben sich Ant-Man und die Wasp auf die subatomare Ebene. Die Möglichkeiten, die sich hier eröffnen, werden auch in Teil 2 nur angedeutet, obwohl der Film sich diesmal bei der Nutzung des Pym-Partikels (zumindest in unserer Dimension) kaum zurückhält und dies auf sehr kreative und teils spektakuläre Weise umsetzt…
„Ant-Man and the Wasp“ stellt kein Game-Changer dar, so wie es „Thor: Ragnarok“ (2017) noch gewesen ist. Er führt die Reihe konsequent weiter, baut die eigene Welt massiv aus und umarmt die Comic-Wurzeln der Vorlage vollkommen. In einigen Szenen kann dies aber als etwas zu überzogen wirken. Wenn zum x-ten Male Pyms Forschungslabor verkleinert oder vergrößert wird, so verkommt es dann doch etwas zu einem reinen Gimmick. Nicht jeder Gag sitzt, und auch die Nebenhandlung um einen weiteren Antagonisten weiß nicht in allen Belangen zu überzeugen, wirkt teilweise sogar unnötig aufgezwungen (Wird hier bereits für die Zukunft vorgebaut?). Aber dies sind Nebensächlichkeiten, die den Film nicht zu sehr belasten. Dennoch muss ich auf einen irritierenden Störfaktor hinweisen: Das Product Placement, welches schon im ersten Iron Man-Film anno 2008 vorhanden war, hier haben weitaus stärker hervortritt. Honda-Autos, PEZ-Spender, Coca Cola-Dosen, alles findet seinen wahrnehmbaren Platz. Leider wird es nicht wie in Teil 1 halbwegs charmant und selbstironisch dargestellt – man denke nur an die kanadische Eiscreme-Kette, die selbst Seitenhiebe auf die eigene Kundschaft zuließ –, hier wird das Produkt quasi direkt in die Kamera gehalten. Das ist dem Film unwürdig. Beim dritten Teil diesbezüglich bitte etwas mehr Kreativität.
Nach dem Ende, und vor allem der obligatorischen Mid-Credits-Scene, kann man nur vermuten, wie die Story von „Ant-Man and the Wasp“ fortgeführt wird. Schaut man sich das bisherige Einspielergebnis an (Stand: Ende Juli 2018), so kann dieses leider nicht überzeugen. Wohlgemerkt ungerechtfertigt. Regisseur Peyton Reed erschafft eine Fortsetzung, die die Welt von Ant-Man logisch erweitert und vergrößert, und dies auf unheimlich kreative als auch unterhaltsame Art und Weise. Vielleicht auch, weil der zweite Teil in sich abgeschlossen ist. Er stellt eben kein Bindeglied dar, sondern setzt bestimmte Handlungsstränge nicht nur fort, sondern beendet diese sogar befriedigend. Man kann nur hoffen, dass die Dynamik zwischen den Charakteren für zukünftige Filme erhalten bleibt und die Welt des Quantum Realms weiter erforscht wird. Einen Besuch anderer Charaktere aus dem Marvel Cinemativ Universe – und sei es nur als Schützenhilfe wie in „Spider-Man: Homecoming“ (2017) – braucht es dazu übrigens nicht. Die Welt von „Ant-Man and the Wasp“ kann jetzt bereits vor allem aufgrund ihrer Figuren für sich alleine stehen.
‐ Markus Haage
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