Mit „Bright“ hat Netflix eine ihrer ersten großen Eigenproduktionen im Filmbereich online gestellt. Will Smith konnte Regisseur David Ayer für die Hauptrolle gewinnen. Ein Umbruch, keine Frage. Noch vor wenigen Jahren beschränkte sich Netflix auf das Streaming von Produktionen aus den Archiven der klassischen Studios. Nun stellen sie vielleicht deren größter Konkurrent dar.
Spot und Häme schütteten die Kritiker über David Ayers Fantasy-Actioner „Bright“ von Netflix aus. Vom schlechtesten Film des Jahres war gar die Rede. Nach der Begutachtung musste ich nun abermals feststellen, dass mein Filmgeschmack vom Konsens der Kritiker mittlerweile erheblich abweicht. Die teils krassen Verisse, die sich in ihrer Negativität fast schon zu übertrumpfen versuchten, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Aber vielleicht sind diese zumindest in ihrer Wortwahl auch einfach in der Hype- und Outrage-Kultur begründet, die für Klicks sorgt. Ich weiß es nicht. Es lässt mich teils ratlos zurück.
„Bright“ stellt einen schnittigen und eigenwilligen Fantasy-Actioner dar, der sicherlich viele berühmte Vorbilder besitzt – ein wilder Mix aus „Shadowrun“, „Spacecop L.A.“ und „Colors – Farben der Gewalt“ –, aber es dennoch schafft seine eigene Welt zu erschaffen, auch wenn diese teils nur unzureichend erläutert wird. Mehr Kontext wäre oftmals wünschenswert gewesen. Die raue Inszenierung, teils überraschend brutal, kommt Ayers Anspruch an einer realistischen Fantasy-Welt zugute. Das Setting wird aber sicherlich nicht jedem Zuschauer gefallen. Der Film spielt vor allem in den hispanisch-geprägten Wohngegenden von Los Angeles. Ayers bedient sich hierbei nicht nur deren Kultur, sondern auch einiger unnötiger Klischees, die im krassen Kontrast zur Message des Films stehen. Im Mittelpunkt der Storyline steht ein Ork, der von seiner eigenen Rasse als Halbblut verachtet, von anderen Wesen (wie Elfen) missachtet und von Menschen gehasst wird. Hier versucht Ayers aber weitaus differenzierter vorzugehen und gibt sich überraschenderweise keiner plumpen Stereotypen hin. Der Hass auf die Orks geht von allen Menschen aus. Interessant sind auch hierbei die vielen Verweise auf die Historie und vergangenen Konflikte dieser Welt. Orks, Magier und Elfen waren schon immer Teil von ihr und dies eröffnet ziemlich grandiose Möglichkeiten. Fortsetzung oder Spinnoff? Ja, bitte.
Demnach kann ich dem Film einige Unzulänglichkeiten „verzeihen“. Der Mittelteil erscheint zu lang, der Humor stellenweise deplatziert, nicht alle Regeln dieser Welt und Möglichkeiten ihrer Fantasy-Charaktere sind für den Zuschauer deutlich, und ja, die Stärke des Films stellen nicht zwingend feinsinnige Dialoge dar. „Bright“ ist sicherlich kein Meisterwerk, er ist vielmehr ein Anbeginn. Ein Ausblick auf eine andere, hyperrealistische High-Fantasy-Welt, die tief in unserer Realität verwurzelt ist und eine sehr reichhaltige Historie besitzt, die nur darauf wartet erforscht zu werden. Ich würde mich sehr freuen, in diese Welt wieder abtauchen zu dürfen. Vielleicht an einem anderen Ort oder zu einer anderen Zeit.
‐ Markus Haage