„Wenn sie mit endogener, genetischer Synthese von Aminosäuren experimentierten, dann wäre das eine Sensation. Wenn sie das Problem gelöst haben, würde es bedeuten, dass der menschliche Körper sich selbst versorgen könnte. Wir würden keinerlei Nahrung benötigen, um zu überleben!“
Mittags, halb zwei in meiner Videotheke. Recht gelangweilt durchstreifte ich die endlosen Gänge des Videocenters meines Vertrauens. Auf einmal blitzt mir eine olle Videokassette mit der Aufschrift „Creep Zone“ entgegen. Ich nehme die staubbefangene Hülle zwecks näherer Begutachtung in die Hand und studiere gemächlich die Rückseite. Auf einmal ertönt aus’m Hintergrund die schrille Stimme der Videoverleih-Fachkraft. „DEN würd’ ich mir nicht ausleihen. Der ist total scheiße.“, wirft sie ungefragt in den Raum. Überrascht, das die Tante den Streifen überhaupt kennt, frage ich simpel nach: „Warum? Sieht doch ganz lustig aus.“ Als fast schon beleidigte Antwort wirft sie mir entgegen: „Also, das ist ja nichts für mich. Der ist totaler Quatsch. Da gibt’s Riesenratten und Monsterbabys. Und die jagen Menschen durch’n Keller.“ Das hört sich für mich doch schon fast wie eine persönliche Einladung an…
Natürlich musste ich diese Werk dann sofort ausleihen, denn was selbst meine Videoverleih-Fachkraft mit zwanzigjähriger Dauerwelle für schlecht empfindet, kann ja nur gut sein – und, soviel sei gleich verraten, ich wurde nicht enttäuscht! Aber um mal eine Lanze für die Dame hinter der (Video-)Theke zu brechen: Sie hatte nicht ganz unrecht. Der Film spielt in der Zukunft. Und in einem Keller. Und ein Monsterbaby, sowie eine „Riesenratte“ preschen über den Bildschirm. Und im Grunde war’s das auch schon. Na, ja, nicht ganz…
Zu 80er-Synthie-Beat übersetzt uns dankeswerterweise eine markante Stimme aus dem Off den englischen Rolltext, der uns die leidvolle Geschichte des Planeten Erde in der Zukunft (laut Film 1998) erklärt. Kurzfassung: Boing. Alles kaputt. Atomkrieg. Die Langfassung hört sich etwas dramatischer an.
Nach dem Overkill streift ein Trupp von Endzeit-Soldaten durch alte Industrieruinen. Da sie Schutz vor dem sauren Regen suchen, verbunkern sie sich in einem alten Kellergwewölbe, das sich überraschenderweise als ehemaliges Forschungslabor entpuppt. Zuerst sind sie über ihre neue Bleibe erfreut, denn sie bietet alle Annehmlichkeiten des post-apokalyptischen Lebens: Dosenfutter, Matratzen (auch weibliche) sowie 486er.
Doch schon bald müssen sie feststellen, dass dieser vermeintliche Hort der dystopischen Glückseligkeit nicht ohne Grund verlassen ist. Nachdem ein Kamerad beim Mittagsessen verstirbt (Ja, wie in „Alien“), werden sie von allerlei Monstren über die gesamte Spielfilmlänge (sparsame 72 Minuten, inklusive Abspann) gejagt.
Schnell finden sie den Einschaltknopf eines ollen Computers – und der gibt das gesamte Unheil preis. Durch wahnwitzige Experimente mit Aminosäure wurde ein Forscher in ein riesiges Monster verwandelt, das alle anderen umgepatscht hat. Dieses Monster schwirrt selbstredend noch durch die Gänge und sieht ungefähr so aus…
Aber als ob das noch nicht genug wäre, knallen auch noch starre Riesenratten lechzend durch die Umkleide! Ebenfalls ein fehlgeschlagenes Forschungsprojekt? Entscheiden sie selbst!
Ihr denkt, dass war schon alles? Ppfff… aber nicht in einem 80ies-Trasher! Ein Monsterbaby im „Baby Blood 2“-Stil lässt sich auch noch blicken.
Achso, als Sahnehäubchen gibt’s noch… Öhm… Tja… Das hier…
…und bevor man sich versieht sind die 72 Minuten bereits um. Was hier unerwähnt bleibt, beschränkt sich auf schwungvolle Bluteinlagen, sowie hastiges Umherschreien (mitsamt vor der Kamera wegrennen) im Halbdunkeln (ist ja unter Tage). David DeCoteau, der uns zuvor den wahnsinnigen „Nightmare Sisters“ unterjubelte, reißt in weniger als 72 Minuten (inklusive Vor- UND Abspann!) das gesamte Trashfilm-Repertoire ab. Abgesehen von der Tatsache, dass er sich natürlich mehrerer Klassiker des phantastischen Kinos bedient (genannter „Alien“ ist nur ein Beispiel), verbraucht er auch sogleich drei ganze Story-Klischees des Trashfilms für seinen recht übersichtlichen Streifen. Endzeit-Gedöns, Forschungslabor-Horror, Monster-Massaker.
Keine Frage, dass ein Streifen, der dies alles übersichtlich und rasant präsentiert, für den geneigten Trashfreund ein absolutes Muss ist, auch wenn der Film, für mich völlig unverständlich, von vielen Trashfilmseiten recht stiefmütterlich behandelt wird. „Creep Zone“ gehört in die knallharte VHS-Trasher-Sparte der 80er. Die Streifen, die selbst beim damaligen Videostart vom Videothekar zwei, drei Regale unter den Neuheiten platziert wurden. In der Regel um eben genannte Regale aufzufüllen. Und was in den 80ern für die Masse schon als zweifelhaft angesehen wurde, kann für uns doch nur gut sein, oder? Das war eine rhetorische Frage.
Fatality:
Im Gegensatz zu meiner Videoverleih-Fachverkäuferin ist der Streifen kein Quatsch, von daher: Für jeden Freund des abseitigen Spielfilms eine klare Empfehlung. Doch gebt acht! Eine Horde perverser Schnittmeister hat es doch tatsächlich geschafft, den ohnehin schon nicht allzu brutalen Film auf etwas über sechszig Minuten herunterzuscheiden. Sinn des Schnittmassakers? Natürlich eine FSK 16-Freigabe. Wer diesen Trash-Mayhem überleben will, sollte dringends zur Uncut-DVD von X-Rated greifen… und sich entspannt zurücklehnen.
Stoffratten: 5%
Synthesizer: 12%
Rest: hab’ ich vergessen…
‐ Markus Haage
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