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Critters 2 – Sie kehren zurück (USA, 1989)

verfasst am 28.April 2001 von Markus Haage

„Lakritze, Lakritze, ich bin Telegrafen-Fritze!“

Es gibt nur wenige Fortsetzungen, die an die Genialität des Originals heranreichen – oder es sogar übertreffen. „Der Pate 2“, „The Dark Knight“, „Das Imperium schlägt zurück“ (vergesst den Quatsch, der in „Scream 2“ gebrabbelt wird, das Episode V keine Fortsetzung, sondern nur Teil einer Trilogie wäre…), „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“, „Zombie“, „Star Trek II – Der Zorn des Khan“, „Für ein paar Dollar mehr“, „Les invasions barbares“, „Aliens“ und nicht zu vergessen „Breakin’ 2: Electric Boogaloo“ – alles direkte Fortsetzungen, die das Original weit hinter sich lassen. Als 1988 New Line Cinema entschied, dem süffisanten SciFi-Ballet „Critters“, welches Ruhm und Ehre über alle Beteiligten schüttete, für das junge Damen ihre Unschuld für eine Kinokarte hergaben und das die Unesco zum Weltkulturerbe erhebte, ein Sequel zu verpassen, lastete der Druck auf den Schultern der Produktionsfirma so schwer, dass man bei einem Versagen von vornherein entschied, kollektivem Selbstmord – nach römischen Vorbild (Herabstürzen vom Tarpejischen Felsen) – zu begehen. Alle Beteiligten leben heute noch – dank deutschem Beistand. Lest warum…

(© Warner Home Video)

Zwei Jahre nachdem die komplette Farm (inkl. Vieh) der Familie Brown zercrittert wurde, kehrt Sohnemann Bradley nach Grover’s Bend, seiner Heimatstadt, zurück – eigentlich nur um zu Ostern seine Großmutter Nana zu besuchen, doch wie der Fluch der Fortsetzung es nun einmal verlangt, ist mit der Rückkehr eines Protagonisten auch die der Antagonisten unvermeidbar. In diesem Falle: Die Critters – außerirdische und stets ausgehungerte, aber immerhin mit Giftpfeilen bestückte Pelzkugeln, die in der Galaxis als Schwerverbrecher gelten und im ersten Teil von einem Gefängnisasteroiden auf die Erde flohen. Keine Frage, die Critters verdreschen die gesamte Stadt – aber zum Glück ist ja Bradley in der Gegend, und der kennt sich mit dem Critter-Problem bestens aus und weiß natürlich was zu tun ist. Nämlich indem er die ganze Arbeit auf die berühmt-berüchtigten Bounty-Hunters abwälzt. Schnellt drückt er sein intergalaktisches Notruf-Handy mit dem er die blauschimmernden Bounty-Hunter Ug (trägt Kickermatte), Zanti (ändert seine Form alle zwei Minuten) und Charley (wirrer Saufbold aus Teil 1 – nun Heros aus dem Weltall) zu Hilfe ruft. Bewaffnet mit ihren extraterrestrischen Bazookas versuchen sie der Critters-Plage Herr zu werden…

(© Warner Home Video)
(© Warner Home Video)

Nachdem Teil 1 im Zuge der Kleinen-Monster-Welle (Gremlins, Munchies, Hobgoblins, Ghoulies,…) Mitte der 80er-Jahre vor allem auf dem west-europäischen Videomarkt wie eine Bombe einschlug, entschied sich New Line Cinema eine noch größere Bombe zu konstruieren, die das Hirn des Zuschauers in eine Trümmerlandschaft verwandelt – und beim Bau von Massenvernichtungswaffen darf eine deutsche Beteiligung selbstredend nicht fehlen. Im englischen Original haben wir einen abgedrehten, selbstironischen, schleimigen Slapstick-Monster-Masher vorliegen – mit zwar absichtlich überdreht-gespielten, aber überzeugenden Klischee-Charakteren (versoffene Sheriffs, Rednecks mit Flinte und Fackeln bewaffnet, All-American-Family), haufenweise Animatronics (those were the days, my friend…), der zitterigsten Grusel-Mucke seit Janet Leighs regnerischen Autofahrt zum Bates’ Motel (bloß auf 90 Minuten gestreckt) und einigen absurden Mettguttricks – aber die deutsche Synchronisation macht diesen Film erst zu einem wahren Meisterwerk. Während die Critters im englischen Original über quitschige Schmatzgeräusche nicht hinauskommen, entschied die deutsche Dialogregie ihnen Stimmen zu verpassen und zu den unsinnigsten Momenten Kommentare abgeben zu lassen. Damit ist selbst jeder noch so ernste Versuch Spannung zu erzeugen vollkommen zunichte gemacht wurden.

(© Warner Home Video)
(© Warner Home Video)

Ein ahnungsloser Aushilfs-Osterhase wird von den Critters als Opfer ausgespäht – wild drübersynchronisierter Gruppen-Kommentar aus dem Off: „Igitt, ein Riesen-Wüsterich – das ertragen unsere Nerven nicht!“ Die Bounty-Hunter kommen den gefräßigen Pelzkugeln auf die Schliche, während sie ein Fast-Food-Restaurant auseinandercrittern – wild drübersynchronisiertes Gruppen-Gejohle aus dem Off: „Fressen, das die Flanken bersten. Friss vom letzten bis zum ersten. Zur Tafel, die ist schnell gedeckt und eins, zwei, drei flux abgeleckt! Wir sind die Allesfresser, wir fressen alles besser. Brauchen nicht verdauen, müssen tüchtig kauen!“ Während Soddom und Gomorrha über Grover’s Bend hereinbricht, schickt sich ein Critter an, vorsorglich die Telefonleitung zu kappen – wild drübersynchronisierter Gesang aus dem Off: „Lakritze, Lakritze – ich bin Telegrafen-Fritze!“ Und selbst auf die großen, unbeantworteten Fragen der Menschheit kennen die extraterrestrischen Allesfresser – dank deutscher Synchro – eine Antwort – wild drübersynchronisierter Dialog aus dem Off: „Ich versteh’ immer Ostern? Was ist das?“ – „Sicher das Gegenteil von Western. Und nu’ halt den Schnabel.“

(© Warner Home Video)
(© Warner Home Video)

Abgesehen von der Tatsache, dass dazu noch pop-kulturelle (deutsche) Ausdrücke wie Bölkstoff Einzug in den Film hielten, wurden selbst Charakternamen umgedichtet. Aus dem Hund des Trödelhändlers, namens Chili, wurde in der deutschen Fassung Salzstreuer. Wie man auf die Idee kommt, einen Hund den Namen Salzstreuer zu geben, ist mir schleierheft – jedoch sorgt es immerhin für fröhliche Minuten vor dem Fernsehtisch. Und wem das nicht reicht, dem sei gesagt, dass „Critters 2“ sich auch als perfektes Trinkspiel eignet. Primitiv, aber unterhaltsam. Jedes Mal, wenn ein Critter auftaucht, nimmt man ’nen Schluck. Jedes Mal, wenn ein Bounty-Hunter seine Form verändert, einen weiteren Schluck. Jedes Mal, wenn zittrige Grusel-Mucke ertönt, noch’n Schluck. Jedes Mal, wenn niemand Hauptdarsteller Bradleys Critter-Warnungen glaubt -> Schluck. Jedes Mal, wenn die deutsche Critter-Synchro hör(- und sicht)bar drübergeknallt wurde – ach, bis dahin liegt man bereits mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus…

Fatality:
Curzio Malaparte, Italienischer Literat von Ruhm und Rang, sagte einmal: „Jedes Mal, wenn ein Mensch lacht, fügt er seinem Leben ein paar Tage hinzu.“ Demzufolge haben wir mit „Critters 2 – Sie kehren zurück“ den sagenumwobenen Jungbrunnen gefunden – Quell der Jugend, das ewige Leben. Der spanische Konquistador Juan Ponce de León paddelte dafür 1513 extra nach Florida – wir müssen nur zur nächsten Video-Theke…ah, wundersame Welt des Fortschritts.

Markus Haage

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Über Markus Haage 2284 Artikel
Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!