In den guten, alten 80er Jahren, als die großen Filmvertriebe sich noch zierten, ihre Filmklassiker als Massenware auf dem explodierenden VHS-Markt zu katapultieren, war sie angebrochen: die Königsherrschaft des inflationären Trashfilms. Denn der Durst der Massen nach Unterhaltung musste gestillt werden. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten lieferten nur selten Action-, geschweige denn Horror- oder Fantasy-Kost. Das Kabelfernsehen hielt sich noch mit grenzdebilen Hütten-Schunklern über Wasser. Also ging der Filmfreund von damals in die lokale Videothek, um dem Unterhaltungsdiktat der Film- und Fernsehindustrie zu entfliehen und basisdemokratisch seinen Filmabend zu bestimmen. In dieser Zeit preschten immer mehr Kleinanbieter auf den Markt, die im Schweinsgalopp ausländische B-Movie-Rip-Offs bekannter Klassiker in die Regale feuerten. Anstatt „Conan der Barbar“ erhob nun „Thor – Der unbesiegbare Barbar“ das Schwert, nicht nur mehr der „Terminator“ ölte seine mechanischen Muskeln, sondern auch der „Cyborg Cop“. Und aus Vietnam kehrte neben „Rambo“ auch noch „Ruckus“ zurück. Dass diese Werke selbstredend in größtmöglicher Assoziation mit ihren berühmten Vorbildern gebracht werden sollten, dürfte klar sein, denn der Videomarkt war hart umkämpft und so wurden oftmals sogar Filmtitel und -cover entworfen, die mit dem eigentlichen Filminhalt nichts mehr zu tun hatten.
Es handelte sich hierbei in erster Linie um reißerische Filmcover und -titel, und wenn man anno 1985 durch die endlosen Regale seiner Videothek streifte, schlugen von allen Seiten die wildesten Titel auf einen ein. Von „Ameisen – Die Rache der schwarzen Königin“ über „Hexen bis aufs Blut gequält“ bis „Zombis geschändete Frauen“ gab es nichts, was der gute Geschmack (oder die Orthographie) nicht verbat. Und wer glaubt, dass die findigen Filmtitel-Konstrukteure schon bereits bei dem ein oder anderen deutschen Titel vollkommen daneben griffen, der sei gewarnt: immer dann, wenn man versuchte, moderne und klangvolle (sprich: im Geiste eines jungen Marketing-Strategen englische) Titel zu konstruieren, ging es oftmals richtig gewaltig nach hinten los.
Hier die schönsten Englisch-Patzer unter den B-Filmtiteln!
Wenn man durch Deutschlands Innenstädte schlendert, kommt man nicht drumherum der Apostrophitis zu begegnen. Ob bei „Günther’s Gartengalaxie“, „Uschi’s Bräunungsfarm“ oder „Dieter’s Pommespromenade“ – sie ist allgegenwärtig. Das man in der deutschen Sprache diese Form der Zeichensetzung nicht kennt (nach der neuen Rechtschreibung ist diese nur sehr eingeschränkt erlaubt), war vielen Titelkonstrukteuren wohl nicht bewusst und so haben wir nach „Frauke’s Folterranch“ und „Brigitte’s Blumenbastion“ nun auch noch „Candyman’s Fluch“. Der Film müsste also richtig heißen: „Candymans Fluch“ – eben ohne das, in diesem Fall englische Genetiv-s. Solch ein Fehler lässt sich im Nachhinein, wenn die Millionen von Plakaten, Video-Cover und Merchandise-Artikel auf den Markt gefeuert wurden, nur sehr schwer beheben, wie das folgende Beispiel bezeugen kann (hierbei handelt es sich um eine Suchabfrage in der größten deutschsprachigen Filmdatenbank, OFDB.de, die den Film selbstverständlich unter seinem offiziellen deutschen Titel gelistet hat):
Man wird quasi dazu gezwungen, den (eigentlich) falschen deutschen Titel fortan zu benutzen. Und das ist die eigentliche Crux.
Der Action-Schmunzler „Heated Vengeance“ erhielt 1985 den schnittigen Titel „Cambodscha Connection“. So weit, so gut, denkt man auf den ersten Blick. „Cambodscha“ bedeutet auf Englisch allerdings „Cambodia“…und falls mit „Cambodscha“ der deutsche Name gemeint war, dann schreibt man diesen immer noch mit „K“. Desweiteren gehört zwischen „Kambodscha“ und „Connection“ noch ein Bindestrich. Aber eigentlich wäre dies alles völlig egal gewesen, da der Film eh in Vietnam spielt…
Kommen wir nun zu einem recht durchschnittlichen SciFi-Trasher aus dem Jahre 1987. Titel „Galaxy der Zeitlosen“. Wenn man sich den Titel genauer anschaut, wird einem auffallen, dass für „Galaxie“ die englische Schreibweise „Galaxy“ verwendet wurde. Somit müsste man „Galaxy“ auch mit englischen Dialekt aussprechen und man kommt auf den wohlklingenden Titel „[’gaeleksi] der Zeitlosen“. Dieses Phänomen kommt übrigens recht häufig vor. Hier nun ein Untertitel zum Film „Back to Hell“. In weißen Lettern heißt es auf dem Video-Cover „Jäger der Apocalypse 3“. Nicht nur, dass es einen dritten Teil nicht gibt (hier ist eigentlich Teil 2 gemeint), die richtige deutsche Rechtschreibung von „Apocalypse“ wäre natürlich „Apokalypse“ mit „k“ gewesen. Das mit der [e’pokelips] ist übrigens kein Einzelfall, wie das rechte Video-Cover zur „Tiefsee-[e’pokelips]“ namens „Leviathan“ bezeugt.
Wer denkt, dass dies alles nicht mehr zu toppen wäre, der sollte da rechte Cover mal genauer unter die Lupe nehmen. Ja, richtig. Der Filmtitel lautet: „Söldner Attack“, sprich: „Söldner [e’taek]“. Desweiteren fehlt auch noch ein Bindestrich zwischen „Söldner“ und „Attack“, da ich mir nicht vorstellen kann, das mit „Attack“ die Verbform gemeint ist, sondern das Substantiv, also: „Söldner-Attack“ = „Der Söldner-Angriff/Die Söldner-Attacke“. Egal, wie man es dreht und wendet, es klingt so oder ziemlich beschränkt. Was man sich nun bei diesem Titel genau gedacht hat, weiß ich auch nicht…vielleicht hatte der Azubi in der Druckerei auch einfach nur das „e“ bei „Attack“ vergessen…?
Bei den vorangegangenen Werken haben wir es zugegebenermaßen nur mit kleineren Rechtschreibfehlern (hust, hust…) zu tun. Bei der nun kommenden Auswahl geht der Sinn des Titels allerdings vollkommen verloren. Als 1995 die Barbaren-Welle bereits abgeebbt war, schmiss sich Ralph Möller nochmal in Lendenschurz und purzelte in „The Viking Sagas“ von Hügeln herab. Da der Film auf Island gedreht wurde und die Geschichte auf Island spielt, dachte der deutsche Verleiher wohl, dass „Islandic Warrior“ ein guter und sinnvoller Titel wäre. Dies würde dann wohl soviel wie „Isländischer Krieger“ bedeuten… Doof nur, das Island auf Englisch „Iceland“ heißt…und wer jetzt denkt, dass man vielleicht „Islandic“ vom englischen Wort für Insel (= Island) ableitete (Island ist ja immerhin eine Insel), dem sei gesagt, dass das Wort „Islandic“ in der englischen Sprache nicht existiert. Es wäre auch sehr unsinnig gewesen, denn was hätte demnach ein „Islandic Warrior“ sein sollen? Ein „inseliger“ Krieger etwa?
Es geht aber noch schlimmer. Anfang der 90er erschien das krude „Aliens/Terminator“-Ripp-Off „Shocking Dark“ auf VHS. Da Cyborg-Geschichten damals als ganz großes Tennis gehandelt wurden, entschied man sich irgendeinen Titel mit der Endung „-nator“ zu finden, um natürlich die größtmögliche Assoziation zum berühmt-berüchtigten „Terminator“ herzustellen. Den „Exterminator“ gab es schon, genauso wie den „Eleminator“ und sogar den „Alienator“ (von Ottos „Rabiator“ ganz zu schweigen). Was konnte man dann also nehmen? „CONTAMINATOR“, natürlich! Und zwar „Contaminator – …die Mordmaschine aus der Zukunft“! Das klingt doch frisch und ungebraucht, dachte man. Schade nur, dass, das Wort „Contaminator“ von „to contaminate“ abstammt, was auf Deutsch „verschmutzen“ oder auch „verseuchen“ bedeutet. Die direkte Übersetzung von „Contaminator“ ist demnach „Verschmutzer“, oder wenn man so will, auch „Verseucher“ (die Tatsache, dass der Film in einem verseuchten Venedig der Zukunft spielt, lasse ich hier nicht gelten. Soweit haben die Titel-Konstrukteure nicht gedacht, denn sonst würden sie als Contaminator nicht den Antagonisten bezeichnen, und außer der Kameralinse verschmutzt der rein gar nichts). „Verschmutzer – …die Mordmaschine aus der Zukunft“ klingt jetzt nicht mehr sooo spannend.
Kommen wir nun zur Krönung der Titel-Konstruktionen: „The Destructer“. In den wilden 70ern abgedreht, erzählt der Film die Geschichte eines Aliens, welches sich bei zwei süd-englischen Lesben einnistet, um so die Invasion seiner Artgenossen vorzubereiten. Der Originaltitel lautet einfach nur „Prey“ und dies war natürlich für den deutschen Markt viel zu ordinär, also entschied man sich für „The Destructer“. Auch hier ergibt dies auf den ersten Blick (irgendwie) einen Sinn und der einzige Fehler, der einem ins Auge sticht, ist die Schreibweise, denn „Destructer“ schreibt man eigentlich mit einem „o“ am Ende – also, „The Destructor“.
Wenn dies das geringste Problem des Filmtitels wäre, dann wäre die Welt ja in Ordnung, aber leider hat einer der Titelkonstrukteure mal wieder nicht mitgedacht. Anscheinend wollte man eine Assoziation zu „to destroy“ (zerstören) herstellen, allerdings wissen wir spätestens seit dem zweiten Teil zu „Conan“, dass das englische Wort für „Zerstörer“ eben „destroyer“ ist – und nicht „destructor“. Aber dies bedeutet nicht, dass es dieses Wort nicht gibt. Nein. Das Wort existiert in der Tat und die richtige (und sinngemäße) Übersetzung von „destructor“ ist, bitte festhalten, „Müllverbrennungsanlage“. Richtig gelesen. Der Alien-Film erhielt für den deutschen Markt den Titel „Die Müllverbrennungsanlage“. Da kann selbst ich jetzt keinen Bezug zum Inhalt mehr feststellen. Und ich besitze eine blühende Fantasie.
Wer das überlebt hat, darf sich auf den zweiten Teil freuen: „Große Versprechungen – Video-Cover und die filmische Realität“!
‐ Markus Haage
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