„Du bist die Vorlage und der Prototyp für ein ganz neues Zeitalter biologischer Forschung! Mit dir als Modell und dem Teleporter als Werkzeug gewinnt Bartok Industries die Kontrolle über Form und Funktion allen Lebens auf der Erde.“
David Cronenberg drohte es 1987 bereits an, SFX-Experte Chris Wallas ließ diesem Taten folgen. Des Flieges Love-Interest aus Teil 1 presst in den ersten Filmminuten hochschwanger einen Kokon aus. Inhalt: ein Baby – das Baby der Fliege! Wie ist dieser WAHNSINN nur zu erklären? Lest und erfreut euch an den grausamen Wundern der modernen Wissenschaft!
Tief in den Forscher-Katakomben von Bartok Industries, zwischen Computer-Monitor und Einwegspritze, hockt Martin Brundle, Sohn des Seths, Forscher-Genius aus Teil 1, der sich dank verunglückten Teleportationsprojekts in einen kruden Hybriden aus Mensch und Fliege verwandelte. Von Seth blieb dank einer Ladung Schrot nur Schrott über. Doch Bartok Industries, die seine Forschungen finanzierten, nahm sich nicht nur seinen Teleportations-Experimenten an, sondern auch noch dessen Sohn. Seine Geliebte Veronica, die in Teil 1 noch Gebrauch vom Paragraph 218 machen wollte, entschied sich wohl ihr Kind auszutragen. Sie verstarb bei der Geburt, Martin gehüllt in einem Kokon überlebte sie.
Dieser wächst nun in der Obhut von Bartok auf, und wie es auf den ersten Blick scheint, hat er glücklicherweise das Äußere seines Vaters nicht vererbt bekommen, dafür aber sein Ego. Während die klügsten Köppe Amerikas versuchen Seth Brundles Teleportations-Kisten wieder zum Laufen zu bringen, obliegt es nun an Martin seinen Forschungen nachzugehen. Bartok räumt ihn dafür alle Mittel ein, die er benötigt – und er scheint auch damit Erfolg zu haben. Während Bartoks Forscher über Jahre hinweg Versuchstiere mit dem Ergbenis einer plattgefahrenen aber noch lebenden Boulette teleportierten, schafft Martin es immerhin bereits nach mehreren Nachtschichten und der Unterstützung einer jungen Dame einen lebenden Organismus von Telebox A nach Telebox B zu beamen. Reicht noch nicht aus, um die Deutsche Post AG abzuschaffen, aber immerhin gut genug um auf dem nächsten Forscher-Kongress anzugeben.
Doch Bartok betrachtet Martin nicht nur als reinen Forschergehilfen, sondern auch als eigenes Forschungsobjekt. Denn Bartok weiß, dass bei Martin früher oder später die Gene seines Vaters durchdringen werden. Dann kann er die Zirkuszelte aufschlagen und 5 Euro Eintritt verlangen…
Martin, davon nicht gerade begeistert, kehrt als übergroßer Rache-Brummer zurück und zerschmettert Bartoks Henchmen. Spuckfreudig ist er wie sein Vadder…
Sein Ziel: die Telebox – dort will er sich mitsamt eines menschlichen Spenders wieder in ein humanoides Wesen zurückteleportieren…
Ach, wieder einer dieser Filme, die keiner mag und zu dessen Ehrenrettung man nun etwas tippen muss. Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: „Die Fliege II“ kann in keinster Weise mit der Genialität von Cronenbergs brutaler Horror-Oper mithalten. Nicht einmal ansatzweise. Wer sich die Fortsetzung also in der Hoffnung anschaut, ein ebenfalls fulminantes Meisterwerk vorgesetzt zu bekommen, der kann nur enttäuscht werden. Die wichtige Frage ist nun aber, war dies überhaupt geplant? Ich stelle die kühne Behauptung in den Raum: NEIN! Denn genaugenommen ist „Die Fliege II“ keine wirklich seriöse Horrorproduktion, die sich allzu ernst nimmt. Sie greift die schleimigen Elemente des ersten Teils auf, pickt die musikalischen Highlights heraus, bedient sich einiger pseudo-wissenschaftlicher Erklärungen und versucht einige erfolgreiche Stilmittel zu übernehmen – mixt dies alles wild miteinander zusammen – und setzt absichtlich noch einen drauf. Voila. Fertig ist das matschige Monstren-Massaker, welches so gar nicht als ernste Fortsetzung zu Cronenbergs Horror-Tour-de-Force passt, sondern eher als ein eigenständiges Schlock-Filmchen der 50er bestehen würde. Schaut man sich den Film in Schwarz/Weiß an (dank modernster Fernsehtechnik keine große Herausforderung), so gewinnt man dem Streifen vollkommen neue Aspekte ab. Ich hab’ da mal was vorbereitet…
„Die Fliege II“ als absolut seriösen Horrorfilm anzuerkennen fällt nicht nur wirklich schwer, es ist auch gar nicht möglich, da es wohl nie die Intention des Regisseur war. Schaut man sich den Hintergrund von Regisseur Chris Wallas genauer an, so stützt dies die These eines reinen Monsterfilms. Wallas stammt aus dem SFX-Gewerbe – bis auf den vorliegenden Film, einer TV-Episode der „Geschichten aus der Gruft“ und eines kleineren Indie-Horrors, hatte er weder vorher noch nachher auf dem Regiestuhl Platz genommen. Seine Leidenschaft gilt den SFX – hier war er unter anderem für die Effekte zu „Gremlins – Kleine Monster“, „House II“, „Enemy Mine – Geliebter Feind“ oder „Jäger des verlorenen Schatzes“ verantwortlich. Das Design des Knuddel-Mogwais Gizmo stammt von ihm. Von daher dürfte klar sein, dass er es eher auf einen effektgeladenen Monstersmasher alter Schule absah – und diesen liefert er auch ab.
Betrachtet man den Streifen von dieser Warte aus, so weiß „Die Fliege II“ durchweg zu unterhalten. Die Kritik, insbesondere mit dem so schwerwiegenden Bezug zu Teil 1, kann er so locker abstreifen. Die Fortsetzung will den ersten Teil weder kopieren, noch imitieren. Es ist in seiner Machart ein eigenständiges Werk. Von daher ist für mich persönlich das wirklich einzige Manklo des Films nur die fehlende Atmosphäre – Wallas inszeniert den Streifen ohne jegliche Dichte, erzählt ihn rasant herunter und bemüht sich nicht wirklich für den kompositorischen Teil des Filmemachens. Fast glaubt man, als sei es seine volle Absicht gewesen, die Fliege aus allen Kamerawinkeln auszuleuchten und ihr damit jedweden unheimlichen Schrecken zu nehmen. Wobei man Wallas allerdings zugute halten muss, dass er in solchen Fällen sofort einen zerquetschten Kopp in die Kamera drückt. Auch ’ne Lösung – ’ne sehr gute sogar.
Fatality:
Fast die volle Punktzahl für ein ziemlich amüsantes Monsterfilmchen, den man vielleicht nicht mit dem ersten Teil vergleichen sollte und zu dessen Nachteil auch noch im falschen Jahrzehnt gedreht wurde…
‐ Markus Haage
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