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„Knock at the Cabin“ (USA, 2023)

verfasst am 24.März 2023 von Markus Haage

(© 2023 Universal Studios. All Rights Reserved.)

In seinem neuesten Horror-Spektakel „Knock at the Cabin“ präsentiert M. Night Shyamalan dem Zuschauer die Apokalypse im Kleinformat. Ein phantastisches Kammerspiel, welches (fast) vollends auf große Effekte verzichtet.

Offizielle Synopsis: Es soll eine Auszeit vom Alltag für die Familie sein – der Urlaub in der einsam gelegenen Holzhütte, abgeschnitten von der Außenwelt. Doch dann tauchen vier unheimliche Fremde auf und zwingen sie zu einer unmöglichen Entscheidung: Was – und wen – sind sie bereit zu opfern, um das Ende der Welt abzuwenden?

M. Night Shyamalans Karriere hat alle Höhen und Tiefen überlebt, insofern man überhaupt von echten Tiefen sprechen möchte. Denn bereits mit seinem zweiten Film, „The Sixth Sense“ (1999), inszenierte und schrieb er nicht nur einen Blockbuster, sondern auch ein Oscar®-nominiertes Werk, welches ihm den Titel „The next Spielberg“ vom amerikanischen Nachrichtenmagazins Newsweek einbrachte. Diese Würdigung war vielleicht etwas zu früh, entwickelte sich gar zu einer Art Fluch, denn Shyamalan blieb seinem Genre, dem Phantastischen Kino, stets treu. Zum Unmut mancher Kritiker, die er in seinem modernen Märchen „Das Mädchen aus dem Wasser“ („Lady in the Water“, 2006) gar persiflierte. Sie verstanden oftmals nicht, warum ein solch unglaublich talentierter Autorenfilmer sich stets einem sogenannten „Schlock“ hingab.

Vergessen wird dabei aber oft, dass Shymalan ein Kind der Pulp-Romane, Anthologie-Serien, Comichefte und (im übertragenen Sinne) modernen Mythen ist, die sich in seinem Werk widerspiegeln. So liegen seinen Filmen oftmals reißerische Geschichten zugrunde, die tief in der Phantastik verwurzelt sind, aber stets hochqualitativ und melodramatisch inszeniert werden. Den Inhalt muss man nicht zwingend mögen, dessen Umsetzung zu degradieren zeugt(e) aber oftmals nur von Ignoranz seitens vieler Kritiker. Es entstanden kleine Meisterwerke, die – ähnlich wie John Carpenters Schaffen – erst mit der Zeit als solche anerkannt wurden. Glücklicherweise war Shyamalan stets ein kreativer Motor, der auch mit wenig Sprit laufen konnte. Mit verhältnismäßig kleinen, aber deswegen kommerziell erfolgreichen Werken, wie etwa „The Visit“ (2015), „Split“ (2016) oder „Old“ (2021), inszeniert er nun weitaus freier seine Visionen. Mit weniger Druck, weniger Erwartungshaltung, aber dafür ehrlicher. Und dies spürt man auch. Sein neustes Werk, „Knock at the Cabin“ (2023), zeigt dies auf bravouröse Weise auf. Alle Stärken von Shyamalans Gesamtwerk vereinen sich im Film.

Sie wollen die Apokalypse verhindern. Koste es, was es wolle.
(© 2023 Universal Studios. All Rights Reserved.)

Ein Trip ins Wochenendhaus tief in den Wäldern und jenseits der Zivilisation entwickelt sich für das Ehepaar Eric (Jonathan Groff) und Andrew (Ben Aldridge) und ihrer Adoptivtochter Wen (Kristen Chui) zu einem wahrhaftig apokalyptischen Höllentrip. Eine Gruppe von unscheinbaren Zivilisten halten sie als Geisel fest und fordern sie auf, ein Menschenopfer zu bringen, um die nahestehende Apokalypse abzuwenden. Eine irre Geschichte, die im Jahre 2016 unter dem Titel „The Cabin at the End of the World“ als Roman erschien. Somit adaptiert der Autorenfilmer Shyamalan mit „Knock at the Cabin“ die Story eines anderen Autoren. Nicht ohne Grund. Paul Trembleys Roman unterliegt einer simplen, nachvollziehbaren Prämisse. Sie stellt die Apokalypse im Kleinformat dar, die sich bis zu einem bestimmten Punkt nur im Kopf des Lesers, oder im Falle des Films im Kopf des Zuschauers, abspielt. Stets bleibt der Rezipient im Dunkeln, ob das, was die Eindringlinge erzählen, tatsächlich stimmen kann. Zumindest bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, bei dem die sprichwörtlichen Tatsachen mit einer ehrlichen Brutalität geschaffen werden müssen. „Knock at the Cabin“ hätte demnach von der Konstellation auch ein einfacher Home-Invasion-Thriller sein können. Vom Prinzip her ist er dies auch, bettet seine Geschichte allerdings auf smarte Art in ein größeres Setting ein. Oder vielleicht, das größtmögliche Setting: dem Untergang der Menschheit, ausgelöst von einer göttlichen Macht.

Shyamalan geht in seiner Adaption einen etwas anderen Weg als Trembley. Wir leben in einer durchdigitalisierten Welt, in der jeder Mensch überall erreichbar sein kann (übrigens ein narratives und dramaturgisches Problem zahlreicher moderner Horrorfilme); Shymalan erkennt dieses an. Über Nachrichtensendungen im Fernsehen (ähnlich wie in „Signs – Zeichen“) gibt er einen Ausblick auf die Welt da draußen und die Konsequenzen, die der Weigerung, das größte persönliche Opfer zu bringen, folgen. Nachricht für Nachricht, Schritt für Schritt geht die Welt unter. Eine furchtbare Katastrophe nach der nächsten findet statt und schleichend macht sich bei den Protagonisten die Gewissheit breit, dass die vermeintlichen Antagonisten doch die Wahrheit sagen. Sie wollen die Apokalypse verhindern, auch wenn dies nur auf alttestamentarische Weise gelingen kann. Die großen moralischen Fragen tun sich auf: ist die gesamte Menschheit die Opferung eines Menschenlebens überhaupt wert? Shyamalan und Trembley beantworten diese Frage unterschiedlich, weswegen es durchaus seinen Reiz hat, auch die Romanvorlage nach Sichtung des Films zu lesen.

Freiwillig wird sich niemand opfern wollen.
(© 2023 Universal Studios. All Rights Reserved.)

Dieses Kammerspiel wird von exzellenten schauspielerischen Darstellungen getragen, von denen das Spiel von Ex-Wrestler Dave Bautista am stärksten hervorsticht. Er gibt letztlich den Anführer der Antagonisten dar und könnte auch von der Hierarchie aller Figuren der eigentliche Mittelpunkt der Geschichte sein. Ein bulliger Kindergärtner, von Visionen geplagt, die sich als real herausstellten und nun den Mord eines geliebten Menschen forcieren muss. Bautistas Spiel ist bemerkenswert, gerade weil er sich unter Kontrolle hat. Weder neigt er dazu, den Bösewicht zu mimen, noch versucht er seine Figur in Selbstmitleid zu ertränken. Ein feiner Balanceakt und eine smarte Herangehensweise von Bautista. Seine Figur hat das eigene Schicksal längst akzeptiert. Er hat keine Wahl; muss tun, was getan werden muss, auch wenn es ihm in einzelnen Momenten selber zuwider ist. Der Fokus der Handlung liegt nicht auf seiner Figur, es wäre aber ein höchst interessanter Twist gewesen, wenn man die Geschichte vollends aus seiner Perspektive erzählt hätte. So stehen die „Opfer“ natürlich im Vordergrund; ihre Beziehung zueinander und das unausweichliche Sakrileg, das sie vornehmen müssen, auch wenn sie sich gegen den Gedanken wehren. Ben Aldrige und Jonathan Groff erfüllen hier vollends ihren schauspielerischen Zweck, können aber nicht das ganze dramaturgische Potenzial herausholen. Vielleicht auch, weil ihnen die erwähnten Antagonisten viel Raum nehmen. Neben Dave Bautista leisten Rupert Grint, und insbesondere Nikki Amuka-Bird Höchstleistungen.

Auch der Tod hat freundliche Seiten.
(© 2023 Universal Studios. All Rights Reserved.)

Mit „Knock at the Cabin“ erschafft Regisseur Shyamalan ein apokalyptisches Kammerspiel ohne Effekthascherei, das vor allem von seinen Antagonisten, insbesondere Dave Bautista, getragen wird. Auch wenn das Werk die Konsequenz der Romanvorlage scheut, lebt es dennoch von der schleichenden Erkenntnis des Zuschauers, dass ein Ende mit Opfern unausweichlich sein wird. Shyamalan weis dies pfiffig zu nutzen und täuscht erst gar nicht vor, eine andere Geschichte erzählen zu wollen, in der unsere Vorstellung von Recht oder Gerechtigkeit obsiegen könnte.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!