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Lautlos im Weltraum (USA, 1972)

verfasst am 3.Mai 2004 von Markus Haage

„Heute, am ersten Tag eines neuen Jahrhunderts, bitten wir demütig um Vergebung, indem wir Dir diese letzten Wälder unseres einst so schönen Vaterlandes weihen, in der Hoffnung, dass sie eines Tages zurückkehren um unsere verseuchte Erde zu schmücken. Möge Gott bis zu dem Tage, diese Gärten und die tapferen Männer, die sie pflegen, segnen.“

Im Biotop durch das All…
(© Universal Studios)

Tja, hat’s die Erde zerschrottet. Genaugenommen zugeschrottet. Denn der blaue Planet ist nichts weiteres mehr als eine braune Ödlandschaft. Alle Wälder abgeholzt, alle Flüsse vergiftet. Also geht’s ab in den Weltall. Dort sollen mehrere Raumschiffe, komplett ausgestattet mit nachgezüchteten Wäldern, als biotopische Arche Noah durchs All segeln. Doch dann kommt der Schock: Vater Staat entscheidet sich die Wäldern im All mittels Atomraketen zu zerstören. Warum? Zu teuer. Auch in der Zukunft hat der Kapitalismus die Vernunft fest im Griff. Wobei man sich wirklich fragen muss, ob es wirklich soooo günstig ist Weltraum-Archen, die über Jahrzehnte kostbare Naturwälder heranzüchteten, mit je drei Atombomben, zu zerstören. Langfristig gesehen scheint die Rechnung aber aufzugehen. Die einzelnen Besatzungsmitglieder sind über die Entscheidung heilfroh, vermissen sie doch ihren verdreckten Planeten, von dem Sinn des Umweltschutzes können sie sich auch nicht überzeugen lassen. Nicht mal vom Gemüseanbau, beziehen sie ihr gesamtes Futter doch aus einem künstlichen Replikator, der alle Speisen formgerecht in Quadraten zubereitet. Nur einer kann die Entscheidung der Chefs nicht fassen: Tom Hanks’ militanter Anrainer aus „Meine teuflischen Nachbarn“. Hier Freeman Lowell mit Namen – und auch nicht weniger militant. Mit einem Spaten verteidigt er seine Arche und tötet dabei aus Versehen seinen Freund, der den Auftrag hatte das ganze Ding zu atomisieren. Um de Totschlag zu vertuschen, täuscht Freeman einen Defekt vor, damit die Oberen nicht misstrauisch werden und klammheimlich mit der Arche verschwinden! Leider hat die Aktion nicht ganz so nach Plan funktioniert, denn der gute Freeman düst jetzt vollkommen alleine in unbekannte Sphären vor. Ein Rettungstrupp kann ihn nur auf gut Glück finden. Macht nichts. Er hat ja noch seinen Wald, somit Nahrung und die drei Arbeitsroboter Huey, Dewey und Louie. Die können zwar nicht sprechen, dafür aber immerhin pokern…

Immerhin Poker.
(© Universal Studios)

Ach, ja. Die 70er präsentieren uns hier mal wieder ein richtiges Unikum – ein Öko-SciFi-Drama mit Folkssongs als Untermalung. Diese stammen allesamt von Joan Baez, die den Film und dessen Thematik liebte. Doch was ist dessen Thematik eigentlich? Nun, die einen sagen, es wäre ein simples Öko-Lehrstück im futuristischen Gewand. Andere hingegen meinen, dass die Ökogeschichte nur ein Aufhänger wäre um eine Story über Isolation und Einsamkeit zu erzählen. Es ist ein charmantes Stück 70er-SciFi ohne Explosionen. Was „Lautlos im Weltraum“ auszeichnet, ist, dass er den Fokus vom epischen Weltraum-Kino auf eine einzelne Person lenkt und die fiktive (und aufwendig gestaltete) Welt nur als Aufhänger nutzt. Dieses erschwert den Zugang zum Film für einige Zuschauer natürlich, da sie oftmals mit der Erwartung reingehen, großes SciFi-Kino zu sehen, aber der Titel sagt im Grunde schon alles: „Lautlos im Weltraum“. Es ist kein „Krieg der Sterne“-Vorgänger und kein opulentes Sci-Fi-Drama. Sondern eine ruhige, ambitionierte Parabel auf die menschliche Ignoranz und Arroganz. Wer nun allerdings glaubt, dass es hierbei nur darum geht den üblichen Verdächtigen eine Ohrfeige zu verpassen (Konzerne, Umweltverschmutzer, westliche Staaten…), der dürfte vom Ende überrascht werden. Denn Hauptcharakter Freeman wird buchstäblich alles opfern müssen, um seinen Wald zu verteidigen. De facto hat er einen Mord begangen, den Konsequenzen kann er nicht entfliehen. Um dennoch seinen Wald zu retten, programmiert er einen Arbeitsroboter eigenmächtig alleine um – und verdonnert ihn zu Jahren (Jahrzehnten? Jahrhunderten?) der Einsamkeit, indem er ihm den Auftrag gibt, sich um die Arche alleine zu kümmern. Und das nachdem der Film wirkliche Zeit investiert hat, um der künstlichen Lebensform soetwas wie eine eigene Persönlichkeit zu geben, die im übrigen auch Freude und Trauer entfinden kann. Freeman ist somit auch nicht weniger arrogant als diejenigen, die er zu bekämpfen versucht. Die Frage, ob dies aber das vielleicht einzige richtige (weil nötige) Mittel ist, lässt der Film mit seinem ambivalenten Ende offen…

Einer alten Legende nach fliegen sie noch heute durch das All…
(© Universal Studios)

Von der Umsetzung darf man sich aus heutiger Sicht nicht allzuviel versprechen, wobei man aber eindeutig sagen muss, dass das SFX-Team mit viel Liebe zum Detail versucht, die Sci-Fi-Welt realistisch zu gestalten. Unter den SFX-Schöpfern befand sich auch ein junger John Dykstra, der nur vier Jahre später mit den Effekte zu „Krieg der Sterne“ Filmgeschichte schreiben wird. Heimliche Hauptdarsteller des Films sind übrigens die putzigen Arbeitsroboter, die – kein Witz – von beinamputierten Darstellern mit Leben eingehaucht werden.

Fatality:
Für Fans den Genres ohnehin ein Muss. Alle anderen dürfen einen Blick wagen, denn „Lautlos im Weltraum“ gehört zu den kleinen, unbekannten Highlights der 70er-SciFi.

Markus Haage

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Über Markus Haage 2284 Artikel
Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!