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Lichtspielacker Söllingen (September 2018)

verfasst am 5.September 2018 von Markus Haage

Autokinos dürften bekannt sein, Treckerkinos hingegen nicht. Der gemeinnützige Verein ekis e.V. lud Anfang September zum ersten Lichtspielacker in das 600-Einwohner-Dorf Söllingen nahe Schöningen (Landkreis Helmstedt) ein. Eine sehr alternative, aber nicht minder unterhaltsame Form des Kinos.

Trecker Richtung Leinwand!
(© Neon-Zombie.net)

Das 600-Seelen-Dorf Söllingen im Landkreis Helmstedt hat in seiner mehr als eintausend jährigen Geschichte schon vieles gesehen, aber eines sicherlich noch nicht: Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“ (1994) auf dem sogenannten Lichtspielacker. Der gemeinnützige Verein ekis e.V., der nach eigener Aussage junge, alternative Kultur im Landkreis Helmstedt verbreiten möchte, zeichnete sich für die Idee und Umsetzung verantwortlich. Hierbei wurden sie tatkräftig von lokalen Unternehmen, Vereinen und der Verwaltung als auch der Freiwilligen Feuerwehr sowie dem Deutschen Roten Kreuz unterstützt wurden. Der Aufwand hat sich gelohnt. An zwei Tagen wurden vier Filme präsentiert und das Angebot wurde von der lokalen Bevölkerung begeistert angenommen. Während der erste Abend mit der Vorführung der Filme „Tschick“ (2016) und „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ (2017) ganz im Zeichen des deutschen Kinos stand, widmete man sich am Samstag dem amerikanischen Film. Der aktuelle Blockbuster „Ocean’s 8“ (2018) wurde vorgeführt als auch der oscarprämierte Kultfilm „Pulp Fiction“ (1994).

Hoch auf die Gabel!
(© Neon-Zombie.net)

Für das Publikum wurden Treckerreifen, Strohballen sowie Sofas als Sitzgelegenheit angeboten, aber selbstredend konnte jeder Besucher Klapp- und Gartenstühle mitbringen. Wer mit dem Trecker kam, konnte stilecht wie in einem traditionellen Autokino sich den Parkplatz suchen und entweder von der Fahrerkabine aus die Filme sehen oder von der Gabel. Denn einige Treckerfahrer packten sogar ein Sofa auf die Gabel und nahmen darauf Platz. Der Ton wurde via Radios übertragen. Dazu musste lediglich die richtige Frequenz eingestellt werden. Diese pfiffige Lösung, die in Absprache mit der Bundesnetzagentur stattfand, garantierte, dass jeder Zuschauer, ob in einer Fahrerkabine oder auf einem Strohballen, den bestmöglichen Sound hatte. Für die Projektion der Filme zeichnete sich Harald Pape von den Helmstedter Kinos Roxy und Camera verantwortlich. Eine große Leinwand wurde innerhalb weniger Minuten aufgeblasen, der Projektor strahlte von einem Anhänger aus. Wie in so gut wie allen Kinos mittlerweile Standard handelte es sich natürlich um eine digitale Projektion. Pape zeichnete sich aber nicht nur für die rein technischen Aspekte verantwortlich, als Kinobetreiber, der seit fast vierzig Jahren im Geschäft ist, organisierte er auch die Vorführlizenzen für die Filme. Dies kann unter Umständen eine knifflige Aufgabe sein. So liegen die Vertriebsrechte bei den Heimmedien für „Pulp Fiction“ in Deutschland zwar bei Studiocanal, aber die europäischen Vorführrechte mussten aus Großbritannien von Park Circus eingeholt werden, damit der Film in Söllingen öffentlich gezeigt werden konnte.

Neben den eigentlichen Filmvorführungen war man bemüht ein im Kontext der Veranstaltung zwar ungewöhnliches, aber äußerst sympathisches Rahmenprogramm anzubieten. So wurde eine historische Trecker-Rundfahrt durch das Dorf Söllingen angeboten. Hierbei informierte eine Fremdenführerin über die Geschichte und Besonderheiten des Dorfes. Daneben wurde nicht nur Musik aufgelegt, sondern auch von einem Spielmannszug live dargeboten. Ländliche Tradition trifft auf globales Kultkino. Ein größerer Kontrast wäre kaum denkbar, funktionierte aber überraschend gut. Auch für Speis und Trank wurde selbstredend gesorgt. Die klassische Bratwurst mit Pommes wurde genauso serviert, wie frisch zubereitetes Popcorn. Der Clou: Via Smartphone konnte man das Popcorn (oder andere Snacks) bestellen und ein eigenes Popcorn-Mobil brachte dies dann zum Platz.

Platz da! Hier kommt das Popcorn-Mobil!
(© ekis e.V.)

Als Journalist im Filmbereich ist man über die Jahre auf zahlreichen kuriosen Veranstaltungen zugegen gewesen. Sei es das legendäre Tromadance in New York, das Cineways Filmfestival in Wolfsburg oder die „For the Love of Sci-Fi“-Convention in Manchester, aber kaum eine dieser Veranstaltungen war so charmant und gut organisiert, wie der Lichtspielacker in Söllingen. Es bleibt zu hoffen, dass das Event sich etablieren konnte und in den kommenden Jahren zu einer festen lokalen Größe anwachsen wird. Die Besucherzahlen und Reaktionen weisen zumindest auf einen vollen Erfolg hin.

Im Anhang folgt eine kleine Bildergalerie von der Veranstaltung. Man beachte bitte auch den obigen Videobeitrag.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!