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Nach dem Sturm auf das Kapitol: Forderungen zur Einstellung der Comicfigur „The Punisher“ von Marvel werden lauter

verfasst am 12.Januar 2021 von Markus Haage

Der sogenannte „Sturm auf das Kapitol“, der armselige Versuch eines Staatsstreiches, scheint nun auch Auswirkungen auf die Entertainment-Industrie zu haben. Von zahlreichen Seiten wird gefordert, dass im Zuge des Aufstandes die Comicfigur The Punisher von Marvel Entertainment in den Ruhestand geschickt wird.

The Punisher hatte seinen ersten Auftritt anno 1974 in einem Spider-Man-Comic. Geschrieben wurde er von George Conway, gezeichnet von John Romita Sr. Der Charakter entwickelte sich schnell zu einem Fanliebling. Dies lag sicherlich nicht nur an seinem ikonischen Äußeren, stets schwarz gekleidet mit einem weißen Totenkopf auf der Brust prangernd, sondern sicherlich auch an seinem Vorgehen. Der Punisher war ein Antiheld, wie er im Buche stand. Er schreckte weder vor Mord noch Entführung zurück, um dem Verbrechen Einhalt zu gebieten. Eine Zelebrierung der Selbstjustiz in Comicform. In den 1980er-Jahren erhielt er seine eigene Comicreihe, in dieser er maßgeblich geprägt wurde. Bereits 1989 folgte eine relativ freie B-Actionverfilmung mit Dolph Lundgren in der Hauptrolle. 2004 nahm man sich dem Charakter für das Kino erneut an. Eine absichtlich überzogene freie Fortsetzung folgte einige Jahre später. 2017 produzierte Netflix eine Realserie, die sich unter Fans großer Beliebtheit erfreute, allerdings nach zwei Staffeln wieder eingestellt wurde.

Der erste Auftritt des Punishers
© Marvel Entertainment, LLC
Die Figur des Punishers überschritt Grenzen, die die Vorzeigehelden der Comicverlage niemals hätten überschreiten dürfen. In seiner Figur steckt unheimlich viel Ehrlichkeit. Trotz aller überzogener Comic-Brutalität wirkte der Punisher gerade dadurch real. Sicherlich auch, weil er über keinerlei Superkräfte verfügte und sein einfacher Wunsch nach Rache gewisse Grundbedürfnisse nach einer Form der Gerechtigkeit bei den Lesern befriedigte. Man fieberte mit Frank Castle mit, obwohl man wusste, dass ihm (fast) alle Mittel Recht waren, um Verbrecher zu jagen. Diese einfache, aber drastische Darstellung könnte der Figur nun zum Verhängnis werden.

Die Stimmen werden lauter, dass Marvel die Figur einstellen soll. Dies steht im Zusammenhang mit dem sogenannten „Sturm auf das Kapitol“ vom 6. Januar 2021, als Anhänger des Präsidenten Donald Trump gewaltsam versuchten, die Bestätigung des demokratischen Wahlergebnisses der letzten Präsidentschaftswahl durch den Kongress zu verhindern. Zwei Tage vor dem „Sturm auf das Kapitol“ hatten bereits alle noch lebenden ehemaligen US-Verteidigungsminister das Militär öffentlich davor gewarnt im Inland auf Befehl des Präsidenten einzugreifen. Man war sich somit der Gefahr einer Erstürmung und den daraus möglichen Folgen (Ausrufung des Notstands durch den Präsidenten) absolut bewusst. In der Berichterstattung standen tagelang die Deppen im Vordergrund, mit Büffelmütze und MAGA-Flagge. Nachdem immer mehr Bilder und Videos von Smartphones online gingen, weiß man nun aber, dass auch gut ausgebildete Milizionäre mit Handschellen vor Ort waren, die bei der Erstürmung gezielt und taktisch vorgingen. Dies ließ Erinnerungen an das Bombenattent von Oklahoma City anno 1995 oder der geplanten Entführung der Gouverneurin von Michigan im letzten Jahr wach werden. Einer dieser Milizionäre im Kapitol trug das Punisher-Symbol auf seiner Brust.

Die Forderung an Marvel, die Figur einzustellen, kam nicht nur von irgendwelchen empörten Twitter-Usern, die ihrer Wut freien Lauf lassen wollten, sondern von beachteten Künstlern, wie etwa Jamal Igle.

Auch Comickünstler, die an mehreren Ausgaben des Punishers mitgearbeitet haben, stimmten der Forderung zu.

Es ist eine alte Debatte, die in unterschiedlicher Form schon oft geführt wurde. Es ist vom Prinzip her legitim, Figuren und Charaktere einzustellen oder eben neu zu erfinden, denn jede Figur ist auch ein Symbol ihrer Zeit. Demnach kann man sicherlich behaupten, dass der Punisher in seiner rohen Art nicht mehr vollends zeitgemäß ist und sich (oder bestimmte Aspekte) vielleicht einfach selber überlebt hat. Insbesondere, da er mittlerweile tatsächlich in gewissen Kreisen, vor allem den genannten Milizen, als Vorbild oder Ikone zelebriert wird (wofür die Figur aber natürlich nichts kann). Mit einer Einstellung würde man den Punisher nicht verbannen, er würde weiterhin existieren, aber eben nur noch in der Vergangenheit. Auf der anderen Seite sollte Kunst sich nicht erpressen lassen. Stellt man eine Figur ein, so sollte dies auch ein natürlicher Prozess sein. Hier würde man nun von außen eingreifen. Sicherlich, die Figur wirkt wie ein Anachronismus, dennoch hat auch sie heutzutage noch eine gewisse Daseinsberechtigung. Dies zeigte die Realität bereits, als Sicherheitskräfte, vor allem Polizisten, im Zuge der „Black Lives Matter“-Proteste die Symbole des Punishers ebenfalls verwendeten, woraufhin Marvel dies in eine ihrer aktuellen Geschichten einfließen ließ. Die Kunst imitiert die Realität, die Realität imitiert die Kunst. Ein ewiger Kreislauf. Vielleicht sollte Marvel konsequent sein und in einem aktuellen Comic den Punisher die Milizionäre jagen lassen, die seine Symbolik beim Sturm auf das Kapitol verwendeten.

Der Punisher warnt davor, dass man ihm nachahmt und seine Insignien verwendet.
© Marvel Entertainment, LLC

Die Tragik, die der Figur des Punishers zugrunde liegt, kann kaum eine andere Comicfigur übernehmen. Frank Castle fühlt sich dazu verdammt, dass zu tun, was er eben tut. Sein Leid hat den früheren Frank Castle aufgefressen. Nur noch die Wut treibt ihn an. Er weiß dies, weswegen er es auch konsequent ablehnt, dass man ihm nachahmt und sein Logo, den ikonischen Totenschädel, verwendet. Er will nicht, dass andere so werden wie er. Genau dies möchte er verhindern. Der Punisher ist sich seiner Taten vollends bewusst.

Diese Nuancen gehen in einer solchen Debatte schnell verloren. Die Befürchtung, dass die Figur tatsächlich still und leise in Rente geschickt wird, ist allerdings berechtigt. Weder Marvel noch Disney, zu denen Marvel Entertainment gehört, möchten sich sicherlich in die Nähe von Umstürzlern sehen lassen. Demnach sei es erst einmal angeraten, wenn Marvel, beziehungsweise Disney, von ihrem Urheberrecht gebrauch machen, und die Verwendung der Figur außerhalb ihrer Geschichten vollkommen untersagt. Dies gilt natürlich auch für die mit ihr assoziierten Symbole. Allerdings wäre dies in gewisser Hinsicht ebenfalls wieder ein Eingriff in die Kunstfreiheit. Natürlich wird der Punisher in der Realität zitiert. Früher oder später wird es aber sicherlich eine Debatte darüber geben, ob man die Figur weiterführen möchte oder kann. Hoffen wir, dass es eine ehrliche Debatte unter Rücksichtnahme der Kunstfreiheit wird. Auf mehr können die Leserinnen und Leser wohl leider nicht hoffen.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!