Robert Kerman, Hauptdarsteller aus Ruggero Deodatos Kultschocker „Nackt und zerfleischt“ („Cannibal Holocaust“, 1980), ist im Alter von 71 Jahren am 27. Dezember 2018 gestorben. Kerman spielte auch in Umberto Lenzis „Lebendig gefressen“ („Mangiati Vivi“, 1980) und „Die Rache der Kannibalen“ („Cannibal Ferox“, 1981), sowie zahlreichen anderen Genreklassikern mit.
Kerman war in den 1970er-Jahren vor allem als Pornodarsteller aktiv und erlebte das sogenannte Golden Age of Porn (1969–1984) in allen Facetten mit. Unter dem Pseudonym R. Bollo gehörte er zu den bekanntesten männlichen Pornodarstellern der USA. In „Debbie does Dallas“ (1978), der als einer der vielleicht finanziell erfolgreichsten und kulturell einflussreichsten Pornofilme der Geschichte gilt, spielte er die Hauptrolle.
Aufgrund seiner Erfahrungen in der Pornoindustrie und seines zweifelsohne vorhandenem schauspielerischen Talents, war er gerade dazu prädestiniert, in den italienischen Kannibalenschockern der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre mitzuspielen, auch wenn Kerman wohl seine eigenen moralischen Grenzen kannte. So bezeichnete er Regisseur Deodato gerne als Schinder, der keine Rücksicht auf den Cast und die Crew von „Nackt und zerfleischt“ nahm. Als Deodato für einige Einstellungen echte Tiere von den Eingeborenen töten ließ, protestierte Kerman nach eigener Aussage lautstark und verließ das Set. Danach arbeitete Kerman nicht mehr für Deodato, drehte aber inhaltlich ähnlich ausgerichtete Filme für Umberto Lenzi. Es folgten in den 1980er-Jahren vor allem kleine Rollen, allerdings in oftmals viel beachteten Filmproduktionen. So spielte Kerman in Kultfilmen als auch Genreklassikern wie etwa „Die Nacht der Creeps“, „(Night of the Creeps“, 1986), „No Way Out – Es gibt kein Zurück“ (1987) oder auch „Spider-Man“ (2002) mit.
Der erfolgreiche Wechsel in das vermeintlich seriöse Schauspielfach gelang ihm letztlich nur bedingt, so dass er auch in den 80ern aus finanziellen Gründen weiterhin in Pornofilmen aktiv war. Nach dem Versuch sich in Hollywood zu etablieren, wurde er von seinem Agenten trotz anfänglich beachtlicher Erfolge gefeuert, nachdem dieser herausfand, dass er eben als Pornodarsteller aktiv gewesen ist. Kerman verfiel in eine Depression und trat nur noch sporadisch als Kleindarsteller und Komparse oder Statist in Produktionen auf. Sage Stallone, Sohn von Sylvester Stallone, inszenierte mit ihm noch 2006 den Kurzfilm „Vic“. Beide wurden Freunde, nachdem Stallone eine Reihe von italienischen Genreklassikern für den US-Markt neu auflegte und ihn bezüglich „Nackt und zerfleischt“ ausführlich interviewte.
In den letzten Jahren trat Kerman vor allem auf Horror-Conventions in Erscheinung. Oftmals um über die Produktion von „Nackt und zerfleischt“ mit Fans zu diskutieren.
‐ Markus Haage