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Nemesis 4 – Engel des Todes (USA, 1996)

verfasst am 19.August 2010 von Markus Haage

„Du musst wie ein normaler Mensch aussehen. Was du dir angetan hast, das macht keinen Sinn. Du weißt, du bist genetisch mutiert und damit nicht einmalig.“

Einer alten Legende nach wurde Albert Pyun 1989 von Cannon Film zu Nachdrehs seines Endzeit-Smashers „Cyborg“ beauftragt. Wir wissen nicht was die Herren Produzenten an seinem Werke auszusetzen hatten, Ralph Möllers Minipli wird es nicht gewesen sein, denn dieser befindet sich in voller Pracht weiterhin im Film. Im Grunde sind Nachdrehs überhaupt nichts besonderes – auch in B-Gefilden nicht. Doch Pyun, der alte Hund, nutze den vorhandenen Cast und die Crew um während der Nachdrehs – insgeheim – einen weiteren Film herunterzukorbeln. Titel: „Das Alien vom Highway“. Einige Jahre später würde er diesen Kniff erneut anwenden, diesmal bei dem Streifen „Ultimate Chase“. Ein SciFi-Vehikel in dem Kanalisations-Monster in der ost-europäischen Pampa von Christopher Lambert niedergewrestlet werden. Auch hier bestand der Produzent auf massive Nachdrehs – ein Grund für Pyun einen weiteren Film zu drehen, den Abschluß seiner Cybrog-Saga…

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Schaut man sich mit diesem Vorwissen den Film an, so wundert dem Zuschauer überhaupt nichts mehr – und all das, was unzählige Kritiker an dem Film bemängelt haben, erscheint in einem vollkommen anderen Glanz. Vier Tage benötigte Pyun um seinen finalen „Nemesis“-Film abzudrehen. Ganz simpel – im Schuß/Gegenschuß-Vefahren, plus ein, zwei Totalen zwecks der jeweiligen Szeneneröffnung. Und von den eigentlichen Szenen gibt es nicht sonderlich viel. Teilweise wird nur ein Auto umgeparkt um einen neuen Drehort vorzugaukeln. Demzufolge ist die eigentliche Storyline auch äußerst übersichtlich…

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Muskel-Super-Human Alex (man erinnere sich an das Cover von Teil 3: „Nur eine Frau mit Supergenen und übermenschlichen Kräften kann die Welt vor tödlichen Cyborgs retten.“) arbeitet sechs Jahre nach dem ultimativen Cyborg-Krieg in Zagreb als Freizeit-Prostituierte. Zumindest gaukelt sie dieses ihren Freiern vor – denn eigentlich ist sie eine Auftragskillerin, die gnadenlos jeden Job erledigt, der ihr von ihrem Auftraggeber, immerhin Robert Davi, auf den Tisch geknallt wird. Doch nun will sie ein bürgerliches Leben führen – und ihren Job an den Nagel hängen. Natürlich hat ihr Boss noch einen letzten Auftrag für sie. Ein hispanischer Cyborg soll ausgeschaltet werden, also karrt die gute Alex den Jungen in irgendeinen Hinterhof und knallt ihm im Auto die Rübe weg.

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Der erste Akt des Films wäre somit beendet, nach 15 Minuten (inkl. Vorspann und Rückblende). Nun stratzt sie um zwei Häuserblocks um zu erfahren, dass sie reingelegt wurde. Der ermordete Cyborg war nicht derjenige, den sie töten sollte. Statt in die verdiente Pension zu gehen, wird nun – mehr oder weniger – gnadenlos gejagt. Mit dabei: Norbert Weisser auf ’nem Motoroller. Hat bereits beim Vorgängerfilm seinen Kopp vor die Kamera gehalten (in Pyuns „Omega Doom“ sogar nur seinen Kopp!), nun darf er den weiblichen Muskel auf zwei Beinen jagen – natürlich erfolglos.

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Sogar ein Hubschrauber wird vorbeigeschickt, um Alex ins Nirvana zu schießen – aber dank eines gezielten Schuss aus ihrer Knarre explodiert dieser über den Dächern Zagrebs.

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Dies stellt quasi den Höhepunkt des Mittelteils dar – danach darf Alex ihren muskelgestählten Körper noch weitaus öfter präsentieren – und natürlich weitere Gefahren in den Ruinen Zagrebs bestehen, die allesamt an der gleichen Straßenecke auf sie warten. Wer hinter den fiesen Macheschaften steckt und sie auffliegen ließ, soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden, da das brilliant konstruierte Puzzle nach und nach zusammengefügt wird und man als Zuschauer nicht nur auf die vielen visuellen Hinweise achten muss, sondern besonders den auditiven Hints aufmerksam folgen sollte. Der Schlüssel zum Rätsel hat der Drehbuchautor sehr geschickt zwischen den Zeilen eingewoben, die von den Schauspielern in brillianter Perfektion wiedergeben werden.

Ach, quatsch. Robert Davi war’s. Kriegt am Schluß ’nen Koppschuß. Ende.

Jaja, der Pyun. Da soll er Nachdrehs für sein SciFi-Vehikel „Ultimate Chase“ machen und korbelt nebenbei „Nemesis 4 – Engel des Todes“ herunter. Im Grunde muss man ihn dafür Respekt zollen, denn schaut man sich die extrem spartanischen Produktionsverhältnisse an, so hat er zweifelsohne das Beste herausgeholt, was man aus vier Tagen Drehzeit und einer Straßenecke hätte herausholen können. Und wie spartanisch die Produktionsverhältnisse waren, sieht man alleine schon daran, dass die wenige Requisten – wie etwa der Oldtimer – doppelt und dreifach verwendet werden (mussten). Die Story an sich bleibt hierbei natürlich ebenfalls sehr übersichtlich. Es reicht um eine 45-minütige TV-Episode auszufüllen, weswegen der Rest des Films wohl auch mit einem exessziven Vor- und Abspann ausgestattet wurde – nicht die Rückblenden vergessen, die ebenfalls im Vor- und Abspann eingebaut wurden. Die Nettolaufzeit des Films beträgt somit nur noch runde 64 Minuten, und diese sind ausgefüllt mit langen Dialogen und merkwürdigen Sexszenen. Und solche Sexszenen findet man auch nicht im Netz.

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Man könnte dieses groteske Liebesspiel nun hinlänglich beschreiben, aber Worte aus dem deutschen Sprachraum wurden nicht dazu entwickelt, um es auch nur andeuten zu können. Wie man aber bereits sehen kann, durfte Muskel-Brumme Sue Price im Film desöfteren ihren gestählten Körper zur Schau stellen. Ob Pyun einen Muskelfetisch bestitzt, oder Sue Price letztlich nur exibisionistisch veranlagt ist, konnte trotz monatelanger Recherche nicht herausgefunden werden. Es lässt beim Betrachten des Films aber nur eine der beiden Möglichkeiten zu. Es wird keine Möglichkeit ausgelassen ihren unverhüllten Körper vor die Kamera zu legen. Keine. Wirklich keine. Und um die ganze Sache noch absurder zu machen – selbst ihre sekundären Geschlechtsorgane werden als Waffe eingesetzt. Immerhin stark genug um Norbert Weisser aus der Handlung zu kicken.

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Ich habe es schon immer gesagt: Pyun ist weitaus besser als sein Ruf – schließlich schenkte er uns vier B-Smasher, die geflissendlich als Klassiker oder zumindest Vorzeigefilme ihres Genres gelten dürfen. Als da wären „Talon im Kampf gegen das Imperium“, „Cyborg“, „Radioactive Dreams“ und auch „Captain America“. Meinetwegen darf man auch noch gerne „Mean Guns“ und „Nemesis“ dazuzählen. Allerdings gehört er auch zu den Nahkampfwaffen der US-amerikanischen Filmindustrie. Gib ihm 10 Dollar und zwei Tage und er dreht dir einen Streifen herunter, der aus 30% recycelten Szenen, vier Straßenecken und einer Menge absurder Ideen besteht. Dieser Film wird dann noch weltweit aufgelegt – auf Filmfestivals vorgeführt und in die Videothekenregale auf dem gesamten Globus gefeuert. Man kann ja sagen was man will – im Grunde ist diese Strategie schon unglaublich genial. Minimale Anstrengung, maximale Ausbeute. Wobei ich Pyun nicht mal wirklich minimale Anstrengung vorwerfen würde. Alleine deswegen würde ich dem Film fünf Schädel geben, aber natürlich wäre dies gegenüber anderen Trashperlen auf dieser Seite nicht zu rechtfertigen. Pyun fährt hier zwar eine Menge wilder Ideen auf und die Hintergrundgeschichte des Films alleine sorgt bei der Begutachtung bereits für Unterhaltung, letztlich bleibt „Nemesis 4 – Engel des Todes“ aber dennoch ein sehr kurzweiliger, kleiner Independent-Trasher, mit dem sich selbst die hartgesottesten Pyun-Fans nicht mit anfreunden können. Als kleine Presse-Rundschau…

„Nachdem die Nemesis-Reihe so vielversprechend begann, und danach zwar billig, aber routiniert fortgeführt wurde, herrscht hier das blanke Chaos! Sue Prices nackten Oberkörper (ca. 80% des Films) als einzigen Schauwert zu zeigen, ist nicht genug für jemanden, der es eigentlich besser kann.“
– http://www.albert-pyun.de

„Trotz abgefahrener Ideen gehört Nemesis 4 zu den schlechtesten Filmen, die ich je gesehen habe.“
– trashcorner2006.blogspot.com

„Sehr eigentümlich, aber nichtsdestotrotz ausgesprochen mies.“
– funkhundd.wordpress.com

Das allgemeine Urteil ist somit eindeutig, dennoch möchte ich für den Streifen etwas in die Bresche einspringen. Klar, es ist nicht die Krone der pyun’schen Schöpfung – in Anbetracht der sehr wilden und gerade deshalb unglaublich lustigen Produktionsgeschichte macht der Film aber dennoch irgendwie Spaß. Auf sehr obskure Weise natürlich. Die Vorstellung, dass Pyun dies dann auch noch in der gesamten Welt – wohlgemerkt finanziell erfolgreich (!) – vermarktete, sorgt beim Feuilleton für Kopfschmerzen. Bei uns für amüsantes Gekicher. Das reicht für 2 Schädel allemal.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!