Es sind nur noch drei Wochen bis Netflix am 4. Juli die dritte Staffel von „Stranger Things“ veröffentlichen wird. Die Marketing-Offensive hat demnach schon begonnen und läuft auf Hochtouren. Diesmal bemerkenswert: die extrem starke und medienübergreifende Kooperation mit populären Marken. Zum neuen Staffelstart präsentiert Burger King den Upside-Down-Whopper. Zur Feier des Tages wurden nicht nur Werbevideos produziert, sondern auch Profile in den sozialen Netzwerken angepasst. Sicherlich wird Burger King auch in der Serie auftauchen.
Product Placement ist nichts Neues und existiert in Hollywood schon seit Beginn der Filmwirtschaft. Sich darüber grundsätzlich zu empören, wäre demnach unsinnig. Zumindest dann, wenn es halbwegs smart integriert ist. In „Zurück in die Zukunft II“ („Back to the Future Part II“, 1990) bestellt Marty McFly im Cafe der 80er eine Pepsi. In „Blade Runner“ („The Blade Runner“, 1982) fliegen die Polizeiautos der LAPD an Werbetafeln von Coca Cola und Atari vorbei. Iron Man bevorzugt grundsätzlich Autos der Marke Audi und Will Smith zumindest in „I, Robot“ (2004) Converse-Schuhe. Product Placement ist nicht immer überzeugend integriert, stört allerdings bei vielen Produktionen nicht. Letztlich sollen Filme die Realität widerspiegeln, weswegen Fake-Produkte oftmals gar eher irritierend wirken können. Aber der Grat zwischen Product Placement, Schleichwerbung und der simplen Abbildung der Realität kann oftmals sehr schmal sein.
Für „Stranger Things 3“ ging man einen anderen Weg. Anstatt bestimmte Produkte nur in die Serie zu integrieren, bewerben diese die Serie im Vorfeld nun aktiv mit. Auch dies ist sicherlich keine frische Idee. Partnerschaften wurden auch schon vor einem Vierteljahrhundert zelebriert – man denke nur an die Mercedes-Jeeps in „Vergessene Welt“ („The Lost World“, 1997) –, aber nun werden die Produkte oder deren Enthüllung bereits zu einem Event an sich inszeniert, welches vor allem durch die sozialen Medien eine ganz neue Qualität gewinnt. Es werden nicht nur Geschichten drumherum gesponnen, sondern die Enthüllung des Produkts im Rahmen der Serie zu einem Ereignis hochstilisiert. Ein Ereignis, das natürlich niemand verpassen darf. So entwickelte Nike eine Werbekampagne in der sie eine verloren geglaubte Schiffsladung an alten 80er-Sneakers wiederfanden.
Coca-Cola hingegen, die auch schon in den vorangegangenen Staffeln mitgewirkt haben, veröffentlichten ihren Jahrhundert-Flop New Coke neu. „Stranger Things 3“ spielt im Jahre 1985 als New Coke, eine „verbesserte“ Mixtur ihres populärsten Getränks, den Markt erobern sollte. Das Produkt floppte drastisch und musste nach nur 77 Verkaufstagen vom Markt genommen werden. Coca-Cola scheint dieses nun allerdings humoristisch in die Serie einbauen zu lassen. Dazu wurde selbstredend auch ein eigener Spot produziert, der tief in der Serien-Mythologie verwurzelt ist.
Zudem wurde eine Seite des offiziellen Coke-Stores unter www.cokestore.com/1985 im Stile eines zeitgenössischen Videospiels gehalten.
Natürlich wurden auch neue Einheiten von New Coke produziert, die wohl nicht nur in den Handel gehen, sondern von Influencern besprochen werden. So kann man alle Kanäle mit einem eigentlichen Flop bedienen. Ein perfektes Beispiel für Product Placement und viralem Marketing. Denn jeder Influencer will nicht nur dabei sein und New Coke präsentieren, sondern auch den eigenen Kanal mit Trend-Inhalten, die im besten Fall zu neuen Abonnements führen, bedienen. YouTube wird soeben von Unpacking-Videos zu New Coke regelrecht überflutet. Dies bringt dem eigenen Kanal Klicks und Netflix als auch Cola Gratis-Werbung.
Dadurch entwickelt sich ein vermeintlicher Trend, der selbstredend auch von professionellen Nachrichtensendungen nicht ignoriert werden kann. Es ist schlicht der Talk of the Digital Town! Und ja, ich bin mir der Ironie durchaus bewusst, dass die bloße Berichterstattung über dieses Phänomen auch an dieser Stelle im Grunde ebenfalls eine Art von Werbung darstellt, auch wenn dies nicht beabsichtigt ist. Aber ihr habt sicherlich auch, dass ein oder andere Video angeklickt und es durch diesen zusätzlichen View relevanter wirken lassen.
Es bleibt abzuwarten, ob noch weitere Produkte in die dritte Staffel integriert worden und im Zuge der Veröffentlichung beworben werden. Wer sich aber nur für die Serie an sich interessiert, der kann bis zum Release den regulären Trailer begutachten und alles andere ignorieren. Insofern man dem überhaupt noch entfliehen kann.
Die dritte Staffel von „Stranger Things“ geht am 4. Juli 2019 weltweit online.
‐ Markus Haage
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