„Look, buddy. I don’t know who you are, but I’m gonna kick your ass!“
Stammlesern dieser vorzüglichen Seite dürfte der Name Godfrey Ho schon das ein oder andere Mal untergekommen sein. Zumeist wohl in Verbindung mit spektakulärem Ninja-Rotz, der ja sozusagen das Steckenpferd unseres quirligen Lieblings-Chinesen darstellt. Für all jene, die keinen Schimmer haben, wovon ich spreche: Ho’s Karriere als Trash-Regisseur hatte ihre Blütezeit in den Achtziger Jahren, als er in Fließbandmanier einen Gülle-Film nach dem anderen runterkurbelte und uns so innerhalb von nur 10 Jahren mit über 60 mal mehr, mal weniger unterhaltsamen Trash-Gewächsen beglückte. Nach einem kurzen Abstecher ins Kickbox-Genre Anfang der 90er fühlte sich Ho zu Höherem berufen und fiel in die USA ein, wo er zwischen 1992 und 1998 mit höherem Budget drei Filme mit Cynthia Rothrock in der Hauptrolle drehte – darunter auch „Undefeatable“. Erwähnenswert bei den in dieser Schaffensphase entstandenen Werken ist, dass sie nicht wie sonst für Godfrey Ho-Streifen üblich, altes Filmmaterial enthalten, das zu Ramschpreisen aufgekauft, neu synchronisiert und dann mit dem selbst gedrehtem Stoff zu einem filmähnlichen Endprodukt zusammengeschustert wurde. Nein, die von uns so liebgewonnene Copy-and-Paste-Technik sucht man hier vergeblich, alles ist aus einem Guss, jede Minute stammt vom Meister persönlich. „Undefeatable“ sticht aus diesem Trio Terrible nun insofern heraus, da das Teil im durchlauchten Kreis der Geschmacksverirrten so etwas wie Kultstatus genießt. Zu Recht?
Stingray hat ein Problem. Ok, eigentlich zwei Probleme, aber auf seiner schlimmen Frisur will ich jetzt nicht weiter rumreiten. War ja schließlich irgendwann mal modern die Matte…damals, im Neandertal. Egal. Dass er mental nicht mehr alle Schiffe im Hafen hat, wiegt sowieso ungleich schwerer. Stingray wurde nämlich als kleiner Rotzlöffel von seiner Mutter verlassen, weil diese mit dem nervenden Balg an ihrem Rockzipfel leicht überfordert war. Kein Wunder, dass sich da beim Filius über die Jahre aggressive Tendenzen im Sozialverhalten aufgestaut haben. Als Ventil für sein hitziges Gemüt dienen Stingray zum einen ultrabrutale Death Matches, die für seine Gegner stets in der Horizontalen enden. Kurzweilige Unterhaltung beschert ihm zudem die regelmäßige Schändung seiner Ehefrau Anna, die ihm besonders nach seinen Kämpfen beim Adrenalinabbau behilflich sein muss.
Eines Tages hat die Misshandelte jedoch die Faxen dicke und macht sich davon, weshalb bei Stingray nun auch die letzten Sicherungen durchbrennen. Nachdem er sich zwei rote Streifen in die Dauerwelle gesprüht und ein theatralisches „Annaaaaa! I will find youuu!“ in die Prärie geheult hat, begibt er sich auf die Suche nach dem läufigen Eheweib. Blöd nur, dass er bei jedem Mädel, das seiner Frau ähnelt (rote Haare; Kleid mit Blumenmuster), meint, es würde sich um Anna handeln. Die so Identifizierten dürfen sich dann auf das freuen, was Stingray unter einem angemessenen Maßnahmenkatalog gegenüber fahnenflüchtigen Ehefrauen versteht: Entführen, anketten, auspeitschen, Augäpfel rausreißen.
Was Stingray nicht ahnt, ist, dass sich zu seinen bereits vorhandenen Problemen schon bald zwei weitere Ärgernisse namens Nick und Kristi hinzugesellen werden. Nick ist ein Cop, aber leider keiner von den Coolen, die einem zuerst zwischen die Augen schießen und erst dann die Rechte vorlesen. Er gibt mehr den verständnisvollen Kuschel-Bullen mit Herz, der die richtig bösen Bad Guys zwar hart anpackt, bei kleinkriminellen, weiblichen Kampfsportprofis mit drallem Hintern und ordentlich Bums in den Springerstiefeln jedoch schwach wird. Und da wären wir auch schon bei Kristi, die mit ihrem Job als Servicekraft in einem Imbiss-Schuppen nicht über die Runden kommt und deshalb ihre Kasse durch illegale Hinterhofkämpfe aufbessern muss. Ferner subventioniert sie ihrer jüngeren Schwester selbstlos eine anständige Schulbildung, was zusätzlich an den Finanzen zehrt.
Und dann gibt’s da auch noch Nasty-Boy und Nasty-Girl. Die sind zwar nicht weiter wichtig, tragen dafür aber ziemlich peinliche Mützen auf ihrem Haupthaar.
Äh…ja. Jedenfalls hat sich das mit dem College schon bald erledigt, da Kristis Schwester ein Rotschopf ist und dummerweise gerne Kleider mit Blumenmustern trägt. Dann folgt ein Besuch im Leichenschauhaus, der mit einem hochprofessionellen Maskeneffekt spektakulär in Szene gesetzt wird. Das hätte wohl nicht mal ein Tom Savini zu seinen besten Zeiten hinbekommen.
Nick und sein Partner Mike sind nun plötzlich total motiviert, die Mordserie aufzuklären und der augenrausreißenden Fönfrisur das Handwerk zu legen. Da es sich jedoch nicht um besonders intelligente Cops handelt, läuft die Ermittlungsarbeit trotz zahlreicher Spuren ins Leere. Eine Polizeimarke aus dem YPS-Heft und eine mit „POLICE“ bestickte Kopfbedeckung (die auf der Birne von diesem drittklassigen Statisten fast noch geiler aussieht als der „Nasty-Boy“) machen eben noch lange keinen Columbo. Dafür dreht Kristi wegen dem Ableben Ihrer Schwester umso mehr am Rad und versucht den Killer auf etwas handfestere Art und Weise zu stellen – indem sie wahllos irgendwelche Martial Arts zelebrierenden Gangbosse vermöbelt. Könnte ja mal der Richtige dabei sein.
Da sich letztendlich auch Kristis Methode nicht als zielführend erweist, steht die Angelegenheit kurz davor, als „Cold Case“ ad acta gelegt zu werden. Da jedoch im heiligen Trashfilm-Land Attribute wie Logik nicht existieren, darf sich Nick am Ende natürlich trotzdem mit Stingray einen übel choreografierten Showdown liefern, bei dem sich die Protagonisten mit nackten, eingeölten Oberkörpern animalisch grunzend das Resthirn aus dem Leib kloppen.
Das Beste kommt jedoch bekanntlich immer zum Schluss: Kristi, ihre Gang und Nick stehen am Grab der Schwester. Kristi erklärt ihren Schlägerkumpels, dass sie künftig nicht mehr kämpfen will und stattdessen die komplette Bagage fürs College eingeschrieben hat. Auch sich selbst? Nein. Aber Nick, der alte Fuchs, hat sie natürlich heimlich angemeldet. Hahaha, was für ein Gag! Wenn das kein finales Gruppen-High-Five wert ist, weiss ich auch nicht weiter.
Fatality:
Die menschliche Sprache in ihrer heutigen Form ist nur deshalb so diffizil, weil unsere Gesellschaft so verdammt komplex geworden ist. Früher, als der Mensch noch in Höhlen hauste und sein Dasein vorwiegend mit Jagen, Fressen und der Fortpflanzung verbrachte, war alles viel einfacher. Das höchste aller Gefühle war ein aufgeregtes „Ugha-agha!“, wenn man gerade entdeckt hatte, dass Feuer nicht nur aua macht. Ausschweifende Konversationen waren überflüssig. Und wenn einer mal nicht spurte, gab’s halt was mit der Keule auf den Kürbis und gut war’s. In gewisser Weise stellt „Undefeatable“ eine Rückbesinnung auf die prähistorischen Zeiten dar. Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls unweigerlich auf, wenn man Bösewicht Stingray dabei beobachtet, wie er zuerst in einem Death Match seinen Gegner zu Brei haut, anschließend auf dem Küchentisch über seine Frau herfällt, sich dann das noch ultrablutige Steak aus der Pfanne fischt und dieses ohne Beilage genüsslich herunterschlingt. Mehr Steinzeit geht nicht. Und auch was den Mangel an zivilisiertem Sprachgebrauch angeht, hat sich Godfrey Ho an unseren haarigen Vorfahren orientiert. Ein Großteil der Handlung beschränkt sich nämlich darauf, dass sich muskulöse, schwitzende und halbnackte Männer gegenseitig die Kauleiste polieren und dabei Laute von sich geben wie ein Wookie während der Brunftzeit. Bestes Beispiel ist die finale Kampfszene, die ohne Übertreibung zu den besten schlechtesten Fights ever gehört. Was da abgeht, kann man mit Worten nicht beschreiben, man muss es gesehen haben. Einfach mal bei Youtube reinklicken und nach „Best fight scene of all time“ suchen.
Auf Spielfilmlänge gestreckt wird die Chose dann noch mit an Körperverletzung grenzenden Arnold Schwarzenegger-Gedächtnis-Einzeilern, die selbst einem Terminator die Schrauben aus der Hydraulik hauen. Nach dem Motto „viel hilft viel“ jagt ein blöder Spruch den nächsten, was das Trashniveau in ungeahnte Höhen hievt. Spätestens, wenn Stingray mit einem Haken im Auge an der Decke baumelt und Nick dies mit „See ya!“ kommentiert, liegt auch der kritischste Güllefilm-Verkoster wiehernd am Boden und nässt sich den Feinripp ein. Die überschaubaren Leistungen der Darsteller tragen ihr übriges dazu bei und erfüllen sämtliche Trademarks eines Godfrey Ho-Streifens: Immer schön blöde aus der Wäsche gucken und dabei die Emotionalität eines vorgespielten Orgasmus verbreiten.
Don Niam als Stingray hat hierbei eindeutig den amüsantesten Part im gesamten Film, da er von allen am untalentiertesten ist, aber trotzdem die anspruchsvolle Rolle des Psychopathen inne hat. Göttlich. Dagegen wirkt Cynthia Rothrocks Laienspiel fast so kompetent wie das von Meryl Streep. Wirklich eine Schande, dass dies Niams einziges erwähnenswertes Stelldichein im Filmbusiness blieb. Denn so mies sein schauspielerisches Können auch sein mag – ohne ihn und seine Walhalla-Mähne wäre „Undefeatable“ nur ein laues Lüftchen und hätte sicherlich nicht den Kultstatus, den der Streifen mittlerweile genießt. Aber zumindest dem Kampfsport ist der gute Don treu geblieben und verdingt sich heute als Personal Trainer in Las Vegas, wo er seinen Kunden Hung Fut Kung Fu beibringt. Nur von seiner markanten Haarpracht hat er sich zwischenzeitlich getrennt. Schade eigentlich.
Don, Wir werden Dein gewinnendes Lächeln und Deine hervorquellenden Augäpfel vermissen!
Lange Rede, gar kein Sinn:
Suchst Du eine Trash-Granate –
so ziehe diesen Film zu Rate.
Vier Schädel geb ich dieser Gülle –
denn Lacher bieten sich in Fülle.
Und wer sich doch nicht amüsiert –
der wird von Crittern skelettiert.
P.S.: Wer eine Anschaffung in Erwägung zieht, sollte für ungeschnittenen Filmgenuss auf die günstig zu habende, englische DVD-Fassung von GMVS zurückgreifen. Die deutschen Veröffentlichungen sind leider allesamt cut.
‐ Odo
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