Vor dreißig Jahren, am 10. Juni 1989, wurde die erste Episode der legendären Anthologie-Serie „Geschichten aus der Gruft“ („Tales from the Crypt“, 1989–1996) erstmalig im us-amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt. Die Serie begeisterte nicht nur Horrorfans, sondern entwickelte sich schnell zu einen der populärsten Programme im US-TV. Insgesamt wurden sieben Staffeln mit 93 Episoden á 45 Minuten bis 1996 produziert. Jede Episode wurde vom sogenannten Cryptkeeper, quasi dem Host der Sendung, auf eigenwillig humorvolle Art und Weise eingeleitet. Dieser basierte natürlich auch auf der gleichnamigen Comicvorlage, auch wenn sein Aussehen und Auftreten ursprünglich anders war und dem eines alten Mannes ähnelte. In den ersten Filmadaptionen der Comicreihe, so zum Beispiel „Geschichten aus der Gruft“ („Tales from the Crypt“, 1971) und „In der Schlinge des Teufels“ („The Vault of Horror“, 1972), tauchte der Cryptkeeper gar nicht auf.
In Deutschland wurde die Serie auf Sat. 1 ausgestrahlt. Ausgewählte Episoden erschienen unter dem Titel „Masters of Horror“ auf VHS. 1995 und 1997 folgten drei Spielfilme („Ritter der Dämonen“, „Bordello of Blood“, „Das Ritual – Im Bann des Bösen“), wobei alle Referenzen auf die Serie im letzten Film wegen schlechter Testvorführungen herausgeschnitten wurden. Aufgrund der Popularität wurde zudem gar eine Zeichentrickserie für Kinder unter dem Titel „Tales from the Cryptkeeper“ (1993–1999) produziert, die es immerhin auf drei Staffeln mit 39 Episoden schaffte. Als die Serie beendet wurde, versuchte man sich an einem Nachfolger mit dem Titel „Perversions of Science“ (1997), die anstatt Horror eben Sci-Fi-Geschichten erzählen sollte. Die Serie floppte allerdings und wurde nach einer Staffel eingestellt.
Die Besonderheit von „Geschichten aus der Gruft“ stellte nicht nur die kompromisslose und teils unerhört drastische Darstellung von Gewaltszenen dar, sondern auch die extrem hochqualitative Inszenierung. Größen des modernen Hollywood-Kinos standen Schlange, um die Episoden der Serie zu inszenieren oder sich kreativ an ihr zu beteiligen. Als Executive Producers konnte HBO Richard Donner, David Giler, Walter Hill, Joel Silver und Robert Zemeckis gewinnen, die auch bei mehreren Episoden Regie führten. Selbst John Frankenheimer und William Friedkin fanden sich dazu bereit. Auch zahlreiche Schauspieler nutzten die Gelegenheit, um einmal auf dem Regiestuhl Platz nehmen zu dürfen. So wurden einzelne Episoden unter anderem von Arnold Schwarzenegger, Tom Hanks, Kyle MacLachlan oder Michael J. Fox inszeniert. Das Gros der Serie wurde aber von bekannten Genrefilmemachern eingefangen. Hierunter zählen Mick Garris, Tom Holland, Mary Lambert („Friedhof der Kuscheltiere“), Chris Walas („Die Fliege 2“), Fred Dekker („Die Nacht der Creeps“), Kevin Yagher, Jack Sholder („Nightmare 2 – Die Rache“), Russell Mulcahy („Highlander“), Tobe Hooper oder Stephen Hopkins. Das Who-is-Who der 1980er-Horror-Szene. Für das eingängige Titelthema zeichnete sich Danny Elfman verantwortlich. Die Musik zu einzelnen Episoden wurde unter anderem von Alan Silvestri („Zurück in die Zukunft“), James Horner („Titanic“) oder Bill Conti („Rocky“) komponiert. Man könnte diese Liste von bekannten Namen noch weiterführen, doch soll sie nur einmal aufzeigen, welches Talent sich hinter der Produktion verbarg. Sicherlich auch eine der Gründe für die extrem hohe Qualität.
An einem Revival versuchte man sich erst kürzlich. M. Night Shyamalan wollte dieses produzieren, doch scheiterte leider an der extrem komplexen Rechtslage um den Charakter des Cryptkeepers, der von mehreren kreativen Größen erschaffen wurde. Ob ein solches Revival an den Erfolg oder der Qualität der Originalserie heranreichen kann, sei zudem anzuzweifeln. „Geschichten aus der Gruft“ funktioniert auch noch dreißig Jahre später so gut, weil die Macher nicht nur sichtlich Spaß an den teils schrägen Horrorstories besaßen, sondern diese auch ernst nahmen, einen enormen Wert auf eine hochqualitative Inszenierung legten und gleichzeitig keine Angst davor hatten Risiken einzugehen. Die letzte Episode der Serie stellt einen Animations-Spoof des Märchens um die drei kleinen Schweinchen und dem bösen Wolf dar. Damit hätten sicherlich selbst die größten Fans nach sieben Staffeln nicht gerechnet.
30 Jahre „Geschichten aus der Gruft“ sind ein mehr als nur guter Anlass zur Serie zurückzukehren. 93 Episoden warten auf euch wiederentdeckt zu werden. Episoden voller Gangster, Monster, Mutanten, Gedärme, ausgestopften Rentnern und vor sich hin faulenden siamesischen Zwillingen.
‐ Markus Haage
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